Gemeinsamkeiten von Kirche und Wirten

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Mit einer Prozession, die um die Klosteranlage führte, zogen die Wirte in die Wallfahrtskirche auf dem Kreuzberg ein. Foto: Marion Eckert
Mit einer Prozession, die um die Klosteranlage führte, zogen die Wirte in die Wallfahrtskirche auf dem Kreuzberg ein. Foto: Marion Eckert
Domkapitular Jürgen Lenssen. Foto: Marion Eckert
Domkapitular Jürgen Lenssen. Foto: Marion Eckert
 

Über 80 Wirte wanderten von der Kissinger Hütte zum Kreuzberg. Mit dabei der Würzburger Domkapitular Jürgen Lenssen, der über die Gastfreundschaft predigte und dort viele Gemeinsamkeiten bei Kirche und Wirtsleuten feststellte.

Die Gastfreundschaft stellte Würzburgs Domkapitular Jürgen Lenssen in seiner Predigt bei der Wirtewallfahrt auf den Heiligen Berg Frankens in den Mittelpunkt. Kirche und Gastronomie, sie haben vieles gemeinsam, ihrer beider Auftrag sei es, die Menschen, die zu ihnen kommen, gastfreundlich aufzunehmen und ihnen Gastfreundschaft zu gewähren. Doch das sei nicht immer einfach und schon gar nicht selbstverständlich.

Traditionell lud der Bezirk Unterfranken des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes zur Wirtewallfahrt auf den Kreuzberg ein. Allseits wurde bedauert, dass "Wirtekaplan", Weihbischof em. Helmut Bauer, nicht kommen konnte - er feierte zeitgleich sein 25-jähriges Bischofsjubiläum im Würzburger Dom. Ihn vertrat Jürgen Lenssen, denen die Wirte im Anschluss an den Gottesdienst bescheinigten, dass er den "Wirtekaplan" würdig vertreten habe.

Josef Kessler aus Oberweißenbrunn, der vor 21 Jahren die Wirtewallfahrt ins Leben gerufen hatte, führte auch in diesem Jahr wieder eine große Wandergruppe von über 80 Wallfahrern von der Kissinger Hütte zum Kreuzberg. Viele andere Gastronomen kamen mit Bussen zum Kreuzberg, so dass die Kirche auch in diesem Jahr wieder voll besetzt war.

Mit einer Prozession, die zuvor rund um die Klosteranlage führte, zogen die Wirtsleute in die Wallfahrtskirche ein. Pater Martin Domogalla, der Guardian des Klosters, freute sich, so viele Wirte begrüßen zu können.
In Zeiten, in denen die öffentliche Aufmerksamkeit auf dem Lebensstil des Klerus liegt, sei der Domkapitular in der Sakristei von einem Ministranten gefragt worden, mit welcher Limousine er zum Kreuzberg gekommen sei. "Mit dem Bus", habe der Domkapitular geantwortet, bestätigte Pater Martin.

Lenssen merkte in seiner Predigt zum Thema Gastfreundschaft an: "Sage mir, mit wem du umgehst und ich sage dir, wer du bist", dieses Sprichwort stehe leider viel zu oft im Raum, wenn es darum gehe, echte Gastfreundschaft zu gewähren. "Oder haben sie gerne schlechte Gesellschaft in ihrem Betrieb? Wer will schon mit Zöllnern und Sündern, mit Steuereintreibern, die Menschen an den Rand ihrer Existenz bringen, an einem Tisch sitzen? Wer will schon Sünder, gleich jeglicher Art, ob Stricher oder Prostituierte, in seinem Haus haben?"

Willkommen fühlen

Doch die Evangelien seien voll von Beispielen, wie Jesus das Tabu der bürgerlichen Gesellschaft brach, die unter sich bleiben und sich ihren Glauben gegenseitig bestätigen wollte. "Es war programmatisch für Jesus, mit Zöllnern und Sündern zu essen, mit dem Menschen am Rande der Gesellschaft, mit Menschen, die von der Gesellschaft ins Abseits gedrängt und ausgeschlossen waren. Jesus wendet sich all denen zu, auf die wir nur Nase rümpfend blicken und mit denen wir nichts zu tun haben wollen. Diese Menschen sucht Jesus bewusst auf. Die am weitesten von der Gesellschaft entfernt sind, sind seine Kandidaten." Ein Gastwirt könne sich seine Gäste oft nicht aussuchen, sei vielleicht sogar froh, wenn überhaupt noch jemand komme. Egal wer so eine Gastwirtschaft betrete, er soll sich willkommen und angenommen fühlen. "Nicht durch aufgesetzte und aufdringliche Freundlichkeit", sagte der Domkapitular.

Respekt vor der Würde als Mensch, sollte auch für Gäste gelten, die murren, die unberechtigte Kritik äußern, die sich stundenlang an einem Wasserglas festhalten. Maßstab des Handelns müsse dabei immer der Mensch sein, die Menschlichkeit finde in der Gastfreundschaft ihr deutliches Zeichen. Der Mensch, egal in welcher Lebenssituation, hoffe genau auf diese Gastfreundschaft, gerade wenn er am Rande steht, wenn er keinen perfekten Lebensentwurf zu präsentieren hat.

Kirche müsse sich hinterfragen

Und genau hier müsse auch die Kirche sich selbst kritisch hinterfragen, ob sie denn jedem, der zu ihr komme, auch die von Jesus vorgelebte Gastfreundschaft gewähre. Jürgen Lenssen sprach das Beispiel der Geschiedenen und Wiederverheirateten an, die an der Kommunionbank nicht gerne gesehen werden. "Sie hoffen auf Menschlichkeit und haben ein Recht darauf - und wir verweigern es ihnen."

Oft ärgere man sich, wenn man einen Gast nicht wirklich freundlich behandelt habe. In der Kirche sei das anders: "Wir ärgern uns nicht, wenn Menschen ausgeschlossen werden." Mit Gastfreundschaft könne man in der Kirche nicht immer rechnen. Das sei traurig und mache betroffen. Da gebe es aus der Bibel heraus den Auftrag für Gastfreundschaft und stattdessen werden Vorbehalte aufgebaut.
"Man muss über seinen Schatten springen, weil man allen Menschen Gastfreundschaft gewähren müsse", sagte Lenssen. Maßstab sei das Handeln Jesus und hier zeige sich, wie aktuell seine Botschaft in die heutige Zeit hineinreiche. Es nur zu wissen und wahrzunehmen, reiche nicht, es müsse sich etwas ändern, zu Gunsten der Menschen - in Kirche und Gastwirtschaft.
Wegweisendes Beispiel gebe Papst Franziskus, der sein Augenmerk auf die Menschen lege, auf die am Rande der Gesellschaft stehenden.
Im Anschluss an den Wirtegottesdienst trafen sich die Gastronomen im Antoniussaal zum gemütlichen Beisammensein. Die Feuerbergmusikanten aus Langenleiten spielten zünftig auf und luden zum Mitsingen ein.