Das Alter am eigenen Leib erfahren
Autor: Julia Raab
Bad Brückenau, Montag, 09. Oktober 2017
Mit dem Tag der offenen Tür gingen am Sonntag die Gesundheitstage zu Ende. Gut besucht waren die gebündelten Angebote rund ums Altern in der Klinik.
Auch in diesem Jahr ist die Capio Franz von Prümmer Klinik
zum Abschluss der Bad Brückenauer Gesundheitstage mit einem Tag der offenen
Türe dabei. "Ganz im Motto der diesjährigen Gesundheitstage haben wir ein
Programm für alle Sinne entwickelt", erklärt Verwaltungschefin Sabine Hein.
Neben Vorträgen von Therapeuten und Ärzten und Gesundheitschecks gibt es
viele Angebote zum Mitmachen und Ausprobieren.
Bratwurst spezial
Eigentlich wollten Lukas und seine Mama Christina Morell nur für eine halbeStunde in der Klinik vorbeischauen. Doch daraus sind zweieinhalb Stunden
geworden. Beide stehen am Tisch von Bernadett Fuss von apetito catering, die
sogenannte demenzsensible Kost zum Ausprobieren anbietet. Das Essen auf den Tellern
sieht aus wie normale Krankenhauskost. Erst auf den zweiten Blick erkennt
man den Unterschied. Die Bratwurst wurde passiert, oder besser "gefräst,
damit alle Bestandteile erhalten bleiben", erklärt Bernadett Fuss, die für
die Klinik Essen entwickelt. Der Bratwurstbrei wird anschließend in eine
"Bratwurstform" aus Silikon gepresst und dann - zum Verwechseln ähnlich mit
der originalen Bratwurst- auf den Teller gelegt. Mit dem großen Unterschied,
dass die Wurst ohne zu kauen in den Magen gelangen kann. Denn "demente Personen haben oft Kau- und Schluckbeschwerden, so dass sie normale Kost nicht essen können", erklärt Sabine Hein, Verwaltungsdirektorin der Klinik.
Demenz als Hauptthema
Dann zeigt sie auf die Schilder, die Beleuchtung und den Teppich in derEingangshalle. Auch hier wurde darauf geachtet, eine für Senioren
freundliche Umwelt zu gestalten, sagt Hein. "Alte und demente Personen
sollen sich möglichst wohl bei uns fühlen, deshalb haben wir uns das Thema,
das immer mehr Menschen betrifft, zur großen Aufgabe gemacht", sagt sie.
"Ich möchte nicht alt werden"
Wie es sich anfühlt, im Alter den Alltag meistern zu müssen, konnte jederhier am eigenen Leib erfahren. GERT, ein Alterssimulationsanzug, bietet die
Möglichkeit, die typischen Einschränkungen älterer Menschen für jüngere
erlebbar zu machen. Auch Nico Müller aus Brückenau hat es ausprobiert. Sein
Fazit: "Ich möchte nicht alt werden!". Als extrem unangenehm habe er die
optische Veränderung wahrgenommen, die - je nach Bodenfarbe und
Beschaffenheit - den Gang stark beeinträchtigt. Beeindruckt von der Echtheit
der Simulation meinten auch andere Besucher am Stand: "Das muss man selbst
erlebt haben, sonst kann man das nicht nachvollziehen". Und Hein ergänzt:
"Dann kann man ältere Patienten mit ihren Problemen viel besser verstehen".
Nach sechs Tagen gingen am Sonntag die Bad Brückenauer Gesundheitstage zu
Ende. Die vorläufige Bilanz der Veranstalter: "Durchaus positiv. Wir werden
in den nächsten drei Wochen eine Evaluation mit allen Beteiligten
durchführen und dann zu einem Gesamtergebnis kommen", sagt Uwe Schmidt, der
die Veranstaltung gemeinsam mit der Tourist Information entwickelt hat. Die
etwas andere Konzeption als bisher - kürzerer Zeitraum und weniger
Fachvorträge - sieht Schmidt vorläufig als durchaus gelungen. Impulsgebend
sieht er die Zusammenarbeit zwischen den Pflegediensten und -einrichtungen,
die sich für die Gesundheitsstadt zusammen organisiert haben. "Die Vorträge
waren, wie erwartet, nicht überrannt, doch wurden sie durchaus für den
Diskurs mit den Besuchern genutzt", sagt Schmidt.