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Bad Brückenau: Vom Pulver zum Metallteil


Autor: Ulrike Müller

Bad Brückenau, Donnerstag, 12. November 2015

26 Millionen Einzelteile laufen bei GKN Sinter Metals jährlich vom Band. Das Unternehmen stellt Komponenten für Automobilzulieferer her - auch für VW. Droht jetzt ein Einbruch?
Marco Reinisch aus Bad Brückenau arbeitet seit 1996 im Metallwerk. Er zeigt, wie fein das Pulver ist, aus dem die Bauteile gepresst werden. Foto: Ulrike Müller


Es ist ein großer Arbeitgeber für die Stadt und das ganze Umland. GKN Sinter Metals oder das Metallwerk, wie es noch im Volksmund heißt, liegt direkt an der Sinn zwischen der Therme Sinnflut und dem Gewerbegebiet Römershag. 490 Menschen sind hier beschäftigt, zehn mehr als noch im Sommer. Denn das Unternehmen hat eingestellt. "Die ersten Monate des Jahres sind in Bad Brückenau bombastisch gelaufen", sagt Karin Scheiner, Personalleiterin. "Wir liegen annähernd zehn Prozent über Plan." Im Juli wurde erst eine Presse für die Produktion angeliefert. Sie ist 28 Tonnen schwer.


Umsatzsteigerung in diesem Jahr

Das ist gut, richtig gut. Machte das Werk in Bad Brückenau im vergangenen Jahr rund 65 Millionen Euro Umsatz, so erwartet das britische Unternehmen heuer bereits 68 Millionen Euro. Das Werk in Bad Brückenau fertigt für europäische Autohersteller Einzelteile, die in Getrieben, Motoren, Ölpumpen und Steuerelementen verbaut werden. Etwa 95 Prozent der Kunden kommen aus der Automobilindustrie. Vereinzelt ist GKN auch in der Luftfahrtzulieferung aktiv.

Im September aber kam der Knick. Und das hat erst einmal nichts mit dem Abgas-Skandal bei VW zu tun. "Die Nachfrage aus China ist nicht so stark wie angenommen", erklärt Scheiner. Das gilt für die asiatischen Kunden des Unternehmens, vor allem aber für die europäischen Partnerbetriebe, die in Asien ihre Produkte verkaufen. Und dann spricht Scheiner den Autobauer aus Wolfsburg an: "Wir haben keine Einbrüche durch Volkswagen oder Zulieferer. Aber wir sind sehr sensibel, was VW angeht, und hören genau in den Markt hinein."


Mit einer Kraft von 250 Tonnen

Eine Etage tiefer geht Harald Jörg, Leiter der Betriebstechnik, durch eine der vier Hallen. Insgesamt ist das Werksgelände 39.000 Quadratmeter groß, eine Fläche von 17.000 Quadratmetern ist überdacht. Hier laufen die Komponenten vom Band, ein Großteil der Produktion ist automatisiert. Jörg nimmt ein Metallteil in die Hand. Das Pulver, das aus Schrott hergestellt und aus Schweden oder den USA importiert wird, wird mit einer Kraft von 250 Tonnen verdichtet. Wie Plätzchen purzeln die Teile aus der Presse. Ein kurzer Handgriff und schon hält Jörg ein Stück davon in der Hand. Es ist einfach abgebrochen.

"Erst im Ofen werden die Teile richtig fest", erklärt er. 13 Sinteröfen gibt es im Werk in Bad Brückenau. Und so ein Ofen kann schon mal 22 Meter lang sein. Mit Feuer werden die Elemente zunächst auf 700 Grad erhitzt und dann elektrisch bei 1120 Grad gesintert. Zum Schluss wird jedes Einzelteil kalibriert und nachbehandelt. Noch sitzen Arbeiter wie Edwin Haas aus Weißenbach oder Hans-Jürgen Weber an Ende der Produktionskette. Doch in Zukunft werden auch Abnahme und Verpackung automatisiert sein, blickt Jörg voraus.

Karin Scheiner ist sehr optimistisch, was die weitere Entwicklung des Werkes in Bad Brückenau angeht. "Wir werden weiter wachsen", sagt sie. "Im Jahr 2017 werden wir 27 Millionen Teile produzieren." Zum Vergleich: Aktuell werden in Bad Brückenau 26 Millionen Einzelteile jährlich hergestellt. Erst vor Kurzem sei es gelungen, einen Vertrag mit einem Lieferanten abzuschließen. Das Bauteil, um das es geht, wurde in Bad Brückenau ausgetüftelt. "Das Umland weiß gar nicht, was wir hier tun und was wir an Technik haben", sagt Harald Jörg. Anfang Dezember wird eine weitere Presse geliefert. Es ist die Sechsundzwanzigste.