Bad Brückenau: Valenzano schmeißt hin
Autor: Ulrike Müller
Bad Brückenau, Mittwoch, 01. Juni 2016
Am Dienstag hat Angelo Valenzano den Betrieb der Osteria abgemeldet. Die Pacht will er weiter bezahlen - bis ein neuer Nutzer gefunden ist.
Es riecht nach neuen Möbeln in der "Osteria per Tutti" am Marktplatz, im Eingangsbereich stehen noch die Blumen von der Eröffnung am 22. April. Doch Inhaber Angelo Valenzano ist stinksauer. Nicht auf die Brückenauer, wie er sagt, sondern auf das Rathaus. "Die Vereine sollen ihr Geld verdienen", sagt er über das Stadtfest, bei dem am Wochenende wieder viele Menschen die Straßen füllten. Gesessen haben sie wie jedes Jahr an den Biertischen auf dem Marktplatz. Gekauft haben sie vor allem an den Ständen der Vereine. Valenzano hat nichts dagegen, aber: "Wir brauchen Vereine und Wirte. Im Winter ist die Stadt tot. Wir müssen das Geld jetzt verdienen." Er fühlt sich übergangen.
Absprache bereits Anfang Mai
Besonders stößt ihm auf, dass die Vertreter der Stadt den Eindruck erweckt hätten, er solle Tische und Stühle beiseite schaffen, damit sie nicht Opfer von Vandalismus werden. Eigentlich habe er ein Zelt aufstellen wollen, falls es regnet. Dann aber räumte er die Garnituren in den Gastraum, begnügte sich mit zwei Buden auf dem schmalen Podest vor dem Lokal. Der Regen kam auch und die Leute stellten sich bei ihm unter, benutzten die Toiletten. "Ich habe mich geschämt", sagt Valenzano über die Zustände, die die Leute hinterlassen hätten. Dirk Stumpe, Stadtrat (PWG) und Mirorganisator des Festes, kann das nicht ganz nachvollziehen. Bereits am 2. Mai habe es ein Gespräch gegeben, bei dem über alles gesprochen worden sei. Der Wirt habe sich einverstanden erklärt, dass die Handballer den Platz nutzen. Sogar eine Band-Patenschaft in Verbindung mit einer Anzeige im Programmheft übernahm Valenzano. "Ich verstehe überhaupt nicht, warum jetzt ein Fass aufgemacht wird", sagt Stumpe ratlos. Valenzano widerspricht: Die Absprachen seien erst in der Woche vor dem Stadtfest gelaufen.
Ausnahmeregelung bei Veranstaltungen und Märkten
Die Stadt überlässt den Wirten am Marktplatz und in der Fußgängerzone Flächen zum Aufstellen von Tischen und Stühlen. Die Erlaubnis wird jährlich ausgestellt, erklärt Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU), nur eine Verwaltungsgebühr von 50 Euro wird dafür fällig. Bei Veranstaltungen und Märkten aber behält sich die Stadt das Nutzungsrecht vor. Wollen Inhaber von Geschäften nicht, dass vor ihren Schaufenstern Buden aufgebaut werden, müssen sie den Platz für 4,50 Euro pro Tag freikaufen. Auch für Gastronome gilt diese Regelung. Familie Lonetti beispielsweise, die vor Valenzano ein Restaurant am Marktplatz betrieb, zahlte für die Nutzung des schmalen Streifen oberhalb der Treppe. Valenzano zahlte nichts. Mehr noch, die Bürgermeisterin gestand ihm auf dem Marktplatz mehr Platz als üblich zu und als beim Tag des E-Bikes der Platz auf dem Marktplatz gebraucht wurde, ließ sie kurzzeitig die Spielgeräte vor dem ehemaligen Bistro "La Familia" abbauen, damit der Gastbetrieb in der "Osteria" nicht behindert wird. Das Stadtfest aber ist eine andere Sache. "Wir stellen den Gastwirten das ganze Jahr den Platz zur Verfügung", stellt Meyerdierks klar. "Aber das Stadtfest brauchen unsere Vereine."
Steine in den Weg gelegt
"Es geht mir nicht um den Umsatz beim Stadtfest", sagt Valenzano, der seit Ende 2014 das "Castello Belvedere" im Staatsbad betreibt. Es gehe ihm ums Prinzip. "Wir Wirte zahlen Gewerbesteuer und Umsatzsteuer. Wir müssen auch überleben." Im Staatsbad etwa würde die Gastronomie gefördert - als Beispiel nennt Valenzano den Bau der Parkplätze am Castello. In der Stadt aber würden den Leuten, die etwas investieren, noch Steine in den Weg gelegt. Dann deutet er auf den Leerstand in der Fußgängerzone, der mittlerweile unübersehbar geworden ist. "Meinen Sie, ich brauche diesen Laden?", fragt er provokativ. "Dieses Lokal habe ich für die Bürgermeisterin gemacht, weil sie mich gebeten hat." Brigitte Meyerdierks bestreitet das nicht. "Ich habe versucht, ihn zu motivieren und zu animieren. Das ist meine Aufgabe als Bürgermeisterin." Sie bedauert die Schließung sehr. "Für die Stadt ist es ein riesen Schaden." Ob da noch was zu kitten ist? "Ich bin jederzeit offen für die Ausräumung jeglicher Missverständnisse", sagt Meyerdierks nach kurzem Zögern. Valenzano aber bleibt hart: "Die Wirte sollen sich wehren, sonst stirbt die Stadt noch mehr."
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