Sieben Familien leben im Weißen Ross in Wernarz. Sie werden von den Wirtsleuten Jürgen und Nathalie Treichel voll verpflegt. Nicht alle Asylbewerber sind damit zufrieden. Sie möchten sich lieber selbst versorgen - aus gutem Grund.
Eine junge Frau steht an der Straße. Sie wartet. Auf was, das weiß sie wohl selbst nicht. Vielleicht darauf, dass auch dieser Tag rum geht. Die Frau wohnt im Gasthaus "Weißes Ross" in Wernarz zusammen mit 29 anderen Flüchtlingen. Seit Dienstag leben sieben Familien im geräumigen Haus an der Frankfurter Straße. Damit ist auch diese Unterkunft für Asylbewerber im Landkreis voll belegt.
Drinnen, im Speisesaal, sitzt Aleksandar Malicevic. Er spricht sehr gut deutsch. Von 1999 bis 2005 lebte er schon mal in Deutschland. Er sagt, seine beiden Töchter sind in Schweinfurt geboren. "Über den Hotelchef kann ich nur Gutes sagen", betont Malicevic und meint damit Jürgen Treichel, der das Gasthaus in der Frankfurter Straße in kurzer Zeit zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert hat. "Er gibt sich wirklich Mühe.
Aber jede Mutter weiß doch am besten selbst, was sie für ihre Kinder kocht."
Bayerische Kost kam nicht gut an "Es sind halt einige Leute da. Die alle unter einen Hut zu bringen, ist nicht so einfach", erzählt Jürgen Treichel und seine Frau Nathalie ergänzt: "Wir haben am Anfang versucht, bayerisch zu kochen." Paniertes Schnitzel. Blaukraut. Oder Blumenkohl. "Das ging gar nicht", sagt sie und schmunzelt dabei. Auch Schweinefleisch verschwand ziemlich schnell vom Speiseplan, um auf muslimische Asylbewerber Rücksicht zu nehmen. Dafür gibt's jetzt viel Hähnchen oder auch Rind. Dreimal am Tag versorgen die Treichels die Flüchtlinge. Zum Mittagessen gibt's sogar ein klassisches Drei-Gänge-Menü mit Tagessuppe und Dessert.
"Ich kann nicht sagen, dass es schlechtes Essen ist", macht Malicevic klar.
Ein anderer Mann, der in der Nähe sitzt, erklärt: "Wir haben keinen Kühlschrank für Milch oder Joghurt." Der Weg bis zum nächsten Supermarkt sei zu weit, um täglich die Dinge zu kaufen, die die Familie braucht.
Tagesstruktur ist wichtig Daniela Schad, die beim Caritasverband des Landkreises Bad Kissingen arbeitet und die Flüchtlinge in Volkers und Wernarz betreut, versteht den Wunsch der Asylbewerber. "Da geht es nicht ums Essen. Das ist eine Frage der Selbstständigkeit", sagt sie. "Die Flüchtlinge können noch nicht einmal ihre eigenen Kinder bekochen, das geht an die Substanz."
In Volkers versorgen sich die Flüchtlinge selbst. Auch von der Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Hotel "Berghof" ist es ein weiter Weg hinunter in die Stadt. Aber das Einkaufen und das gemeinsame Kochen hält die Flüchtlinge beschäftigt.
"So ist eine gewisse Tagesstruktur vorgegeben", erklärt Schad. Und genau diese Struktur brauchen die Menschen, um das zermürbende Warten auf den Ausgang ihres Asylverfahrens zu erleichtern, ist sie überzeugt.
Die Treichels haben dafür Verständnis. "Der Wunsch, selbst zu kochen, ist nachvollziehbar", sagt Jürgen Treichel. Aber er sagt auch: "Wir können die Leute nicht auf ihren Zimmern kochen lassen." Zudem ist Treichel dazu gar nicht verpflichtet. Der Landkreis hat die Unterkunft für die Flüchtlinge gemietet. Die Vollpension ist vertraglich festgelegt.
Landratsamt reagiert Auch in Euerdorf werden Flüchtlinge voll verpflegt und auch dort ist die Situation schwierig. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass es besser ist, wenn sich die Flüchtlinge selbst versorgen", sagt Stefan Seufert vom Landratsamt Bad Kissingen.
Als Koordinator für die Flüchtlinge steht er in engem Austausch mit der Regierung von Unterfranken und den anderen unterfränkischen Landkreisen. "Es gibt die Tendenz, wieder von der dezentralen Unterbringung mit Vollverpflegung wegzugehen", berichtet er. Deshalb halte der Landkreis in Zukunft nach Unterkünften Ausschau, in denen Selbstversorgung möglich sei. Mit den betroffenen Wirten in Wernarz und Euerdorf stehe er in Verbindung, sagt Seufert.
Die Treichels jedenfalls lassen sich die Stimmung nicht vermiesen. "Es gibt immer wieder echt goldige Situationen", erzählt Nathalie Treichel. Besonders hat die Wirtsleute gefreut, dass einzelne Familien aus dem Ort mit Spenden geholfen haben. Nur ein Vertreter der Stadt habe sich noch nicht blicken lassen. Und als Mitte September der erste Schultag nahte, da wurde Jürgen Treichel regelrecht warm ums Herz.
"Wie die Kinder da an der Bushaltestelle standen... das hat mir was bedeutet."
Helfertreffen am Donnerstag, 30. Oktober:Anliegen Während es für die Gemeinschaftsunterkunft in Volkers schon einen Helferkreis gibt, sieht die Lage in Wernarz noch schwierig aus. Bisher hat sich ein Mann gemeldet, der den Flüchtlingen Deutschunterricht gibt. Er könnte noch gut Unterstützung gebrauchen. Zudem werden Leute gesucht, die den Kindern bei den Hausaufgaben helfen oder Fahrten in die Stadt organisieren. Auch über gebrauchte Fahrräder freuen sich die Asylbewerber.
Termin Daniela Schad vom Caritasverband für den Landkreis Bad Kissingen organisiert am Donnerstag, 30. Oktober, ein Treffen für alle Helfer. Beginn ist um 16 Uhr im Speisesaal vom Weißen Ross in Wernarz, Frankfurter Straße 30.