Im Sommer verbirgt der Wald den Blick auf das "hässliche Entchen", wie Joachim Hunger sein Haus manchmal liebevoll nennt. Aber jetzt, im anbrechenden Frühling, ist der Blick frei auf das, was das Regena Gesundheits-Resort und Spa ist: Ein Betonklotz, acht Stockwerke hoch.
"Schlechthin der Anreise-Schock der Region", schreibt der Relax-Guide 2015. Hunger kann damit leben, denn der unabhängige Wellnessführer zeichnet Regena mit drei Lilien aus. In der Kategorie Gesundheit steht nur der Lanserhof Tegernsee besser da. Deutschlandweit. "Seit Jahren halten wir uns da oben", sagt Hunger. Er ist glücklich darüber.
In der Kräuterkammer Für die Brückenauer freilich bleibt das Regena ein Klotz. Kinder sind hier nicht erwünscht, die Preise für die Helena-Therme deftig. "Das hat nichts mit Ausgrenzung zu tun", erklärt Hunger, "sondern mit Qualität." Auch Reisegruppen und Tagungen kommen ihm nicht ins Haus. Denn wer ins Regena kommt, sucht Ruhe und medizinische Behandlung. Ganzheitlich soll es sein, und nachhaltig. "Die Menschen entwickeln immer mehr Eigenverantwortung, was ihre Gesundheit angeht", sagt Hunger.
Medical Wellness für Selbstzahler - von diesem Grundsatz lebt das Haus.
Wer ins helle Foyer tritt, steht vor einer Entscheidung. Rechts geht's zur westlichen Medizin mit Dr. Thorsten Muthorst, links zur chinesischen mit Dr. Naixin Wu. In der Kräuterkammer gießt sich Hunger einen Tee auf. Von zerriebenen Muscheln über Wurzeln, Gräser und Pulver aus dem Chitinpanzer von Zikaden ist hier (fast) alles zu haben.
"Die Seele muss mitkommen", sagt Hunger mehrmals. Auch das ist ein Grundsatz des Hauses. Seit 1994 leitet Hunger das Regena, er wohnt auch dort - ganz oben, mit Blick über das Tal. "Wir leben hier in einer Natur, für die können wir gar nichts", sagt der 55-Jährige.
Seit 2011 führt Hunger den Freundeskreises für das Bayerische Kammerorchester, ab und an liest er - auch eigene Texte - vor, zum Beispiel in der Galerie Form + Farbe.
Rückzug und Prävention Wer nun sagt, die Stadt habe nichts von dem Koloss im Wald, der hat Unrecht. "Wir freuen uns über jeden Brückenauer", sagt Hunger. Auch einige Einheimische suchten das Haus regelmäßig für eine Auszeit auf. Und täglich fährt ein Shuttle-Bus in die Stadt, zweimal am Nachmittag und auf Wunsch auch vormittags. Ausflüge in die Rhön oder zu Konzerten stehen ebenfalls auf dem Programm.
Bleibt zum Schluss noch eine Frage: Verwandelt sich das hässliche Entchen in naher Zukunft vielleicht in einen Schwan? Hunger lacht. "Von außen bleibt es ein 70iger Jahre-Bau", sagt der Direktor. Aber von innen... Der Trend, die eigenen Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen, sei noch lange nicht auf dem Höhepunkt angekommen - im Inland wie im Ausland. Die Suche nach Rückzug und Prävention wird noch viele Besucher ins Regena - und nach Bad Brückenau - locken.