Ein altes Gebäude fotografieren kann man so oder so. Oliver Schikora zeigt in einer Ausstellung in Münnerstadt verschiedene Blickwinkel von Häusern und nähert sich so ihrer Geschichte.
Die Fotografie kann ein faszinierendes und spannendes Hobby sein. Doch nicht nur Bekanntes kann sie abbilden, sie kann auch die Augen für neue Perspektiven öffnen. Sie kann Dinge aus einem Blickwinkel sehen, den man vorher so gar nicht wahrgenommen hat.
Auch das "Projekt else!", das in der Marienanstalt in Münnerstadt seine Zelte aufgeschlagen hat, will - wie der programmatische Name schon sagt - Dinge neu zu sehen helfen. Sehr gut fügt sich deshalb die gerade laufende Foto- und Lomographieausstellung in dieses Konzept ein. Bis zum 19. Juni stellt der Fotograph Oliver Schikora seine Werke zum Thema "Gelebt - alte Häuser einmal anders betrachtet" dort aus.
Schikora arbeitet als Sportredakteur und ist seit 20 Jahren passionierter Fotograf. "Besonders faszinieren mich Alltagssituationen, die durch einen veränderten Blickwinkel eine besondere Ästhetik entwickeln", sagt Oliver Schikora. Gerade das Sich-Zeit-lassen-Können ist es, was für ihn wichtig sei. Als Sportredakteur müsse man immer perfektes Bildmaterial abliefern, das meist unter Druck und Zeitmangel entsteht. Jeder, der schon einmal für eine Tageszeitung geschrieben hat, kenne dieses Phänomen: In sehr kurzer Zeit ein möglichst perfektes Bild anfertigen zu müssen, ist nicht leicht und oft mit Stress verbunden. Bei den Fotografien, die Schikora für die Ausstellung angefertigt hat, ist das anders. Sie zeugen von der Liebe zum Detail, davon, dass man sich lange mit der Thematik beschäftigt hat, bevor man auf den Auslöser drückte. "Ich gehe oft durch die Gegend und überlege mir, wie man interessante Dinge, die ich beim Vorbeigehen sehe, ablichten kann", so der Fotograf. So dauerte es oft eine Zeitlang, bis das perfekte Motiv gefunden ist - dass sich hier jemand intensiv Gedanken über diese Fotos gemacht hat, merkt man ihnen an.
Den Blickwinkel verändern Doch noch etwas anderes treibt Schikora bei seinem Schaffen an: "Ich will zeigen, dass alte Häuser ihre ganz eigene Geschichte haben, sozusagen ihr eigenes Leben, dass unabhängig von den Benutzern ist." Gemeinsam mit seiner Frau Christine hat Oliver Schikora selbst ein Denkmal aus dem 17. Jahrhundert in der Innenstadt von Münnerstadt saniert und umgebaut. Seit dieser Zeit betrachten beide auch alte, scheinbar nutzlose und zerfallende Gebäude aus einem anderen Blickwinkel. Und es ist in den Fotografien auch immer etwas Melancholie zu spüren, wenn man sieht und weiß, dass die Gebäude, die einst Leben füllte, jetzt leer stehen.
In der Ausstellung in der Marienanstalt sind Fotografien aus Schikoras eigenem Haus in der Salzgasse vor dem Umbau, aus dem Heimatspielhaus, aus der Marienanstalt und aus einer Lagerhalle kurz vor dem Abriss zu sehen. Doch auch den Schnappschüssen, genauer gesagt, der Lomographie, hat sich Oliver Schikora verschrieben und stellt Bilder hierzu aus. Gemeint sind Bilder analoger Kameras, die zwar durch ihre einfache Bauform technische Unzulänglichkeiten aufweisen, aber gerade hierdurch eine ungeahnte künstlerische Ästhetik freisetzen.
"Lomographie ist dabei eine Weltanschauung", meint der Fotograf. Ein Hingucker ist in der Ausstellung das "Mürschter Alphabet" - was es damit auf sich hat, wollte Oliver Schikora nicht gleich verraten. Nur so viel: Auch diese Bildersammlung zeugt von der Vorliebe Schikoras für kleine Details, die man oft übersieht. Mia Hochrein, die Initiatorin der Marienanstalt-Kunstaktion, meinte, dass sich die Fotoausstellung gut in das "Projekt else!" einfüge. Ein Hingucker, im wahrsten Sinne des Wortes.