Anschub für fairen Handel in Bad Kissingen

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Ingrid Hornauer (links) arbeitet seit mehr als fünf Jahren ehrenamtlich im Weltladen Bad Kissingen. Susanne Wahler-Göbel kauft hier fair gehandelte Produkte. Foto: Benedikt Borst
Ingrid Hornauer (links) arbeitet seit mehr als fünf Jahren ehrenamtlich im Weltladen Bad Kissingen. Susanne Wahler-Göbel kauft hier fair gehandelte Produkte.  Foto: Benedikt Borst

Die DBK setzt sich im Stadtrat dafür ein, dass die Gesundheits- auch zur Fairtrade-Stadt wird. Erste Unterstützer haben sich bereits gefunden, die Erfahrungen in der Region sind positiv.

Bad Brückenau und Hammelburg sind es, Bad Neustadt auch: Fairtrade-Städte. Ist es Zeit für Bad Kissingen, nachzuziehen? Ja, sagt Susanne Wahler-Göbel, Theologin, freie Journalistin und Vorstandsmitglied bei den Demokratischen Bürgern Bad Kissingens (DBK). Sie stellt die Frage aber anders: "Können wir es uns leisten, als Gesundheitsstadt daran nicht teilzunehmen?" Ein echtes Gegenargument kann sie sich nicht vorstellen.
Sie sieht die Kampagne als Chance.

Fairer Handel ist ihr eine Herzensangelegenheit. "Es geht um soziale Gerechtigkeit", findet sie. Es geht beispielsweise um Kaffeebauern in Südamerika, Arbeiter auf Kakaoplantagen in der Elfenbeinküste, Näherinnen in Bangladesch. Menschen sollen von uns ordentlich bezahlt werden, dafür dass sie etwas produzieren, das am Ende bei einem deutschen Verbraucher landet. "Die einfachste Art etwas Gutes zu tun, ist fair gehandelten Kaffee und Schokolade zu kaufen. Wenn ich weiß, mein Kaffee stammt aus fairem Handel, konsumiere ich ihn anders", sagt Wahler-Göbel.


Unterstützung aus der SPD

Parteifreund und Stadtrat Alexander Koller findet das Thema ebenfalls wichtig: "Wir beachten noch zu wenig, dass die Gesundheit anderer unter unserem eigenen Konsum leidet." Die DBK hatte zuletzt die Initiative ergriffen und beantragt, dass sich der Stadtrat mit dem Thema befasst. Um als Fairtrade-Stadt anerkannt zu werden, braucht es einen Stadtratsbeschluss, der den fairen Handel unterstützt. Der Wirtschaftsausschuss wird sich im Frühjahr dazu beraten.

Unterstützung für den Antrag kommt von der SPD. "Das ist auf jeden Fall auch mein Thema", sagt Karin Reinshagen. Sie hatte im Stadtrat bereits informell angeregt, nur noch fair gehandelten Kaffee auf den Sitzungen zu auszuschenken. "Es ist viel im Ungleichgewicht auf dieser Welt, und unser Handel hat da auch viel beigetragen." Sie hofft, dass mit der Kampagne Aufklärungsarbeit geleistet und etwa auf den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Not und den aktuellen Flüchtlingsströmen hingewiesen werden könne.

Bad Kissingens Wirtschaftsförderer Michael Wieden unterstreicht die Notwendigkeit, sich mit fairem Handel auseinanderzusetzen. Eine Stadt, die aus der Tradition heraus für Gesundheit stehe, solle Stellung beziehen. Indem Waren gekauft, verkauft oder serviert werden, trägt "jeder Bürger, Gast und Unternehmer zu 100 Prozent Mitverantwortung für die Produktionsbedingungen", betont Wieden.


Regionale Produkte einbeziehen

Er ist der Ansicht, dass die Basisanforderungen an eine Fairtrade-Stadt größtenteils schon erfüllt sind. Es dürfe jedoch nicht das alleinige Ziel sein, mit dem entsprechenden Siegel ausgezeichnet zu werden. "Die Frage, welches Ziel man langfristig als Fairtrade-Stadt erreichen will, muss beantwortet werden", erklärt Wieden. Das Thema Fairtrade könnte beispielsweise mit der biologischen und regionalen Erzeugung verknüpft werden.


Partner für Kampagne finden

Hammelburg hat das Fairtrade-Siegel im Juli 2014 erhalten. Seitdem wurden viele positive Erfahrungen gemacht. "Am Anfang ist es viel Arbeit", sagt Annemarie Fell aus dem Koordinierungsteam. Man muss auf Geschäfte, Vereine und Institutionen zugehen und versuchen sie ins Boot zu holen. Grundsätzlich gebe es aber eine gute Akzeptanz. In der Stadt sei schon vorher ein Bewusstsein für die Thematik vorhanden gewesen. Das habe durch die Kampagne noch einmal einen Schub bekommen. Dennoch: "Es könnte noch ein bisschen mehr auf das Thema aufmerksam gemacht werden", sieht Fell Handlungsbedarf.

Oliver Key, Vorstandsmitglied im Bad Kissinger Eine-Welt-Verein, würde es begrüßen, wenn der Stadtrat sich öffentlich zu fairem Handel bekennt. Für die Stadt wäre es eine gute Imagepflege. Er betont, dass die Identifikation mit dem Thema sehr hoch ist. Das wird durch das große Sortiment an Fairtrade-Produkten belegt, das in Geschäften angeboten wird. Aber auch die guten Geschäftszahlen des Weltladens in der Prinzregentenstraße zeigen das. "Wir haben kontinuierlich mehr Einnahmen als gehofft", sagt Key. Fair zu handeln lohnt sich.


Fünf Kriterien auf dem Weg zur Fairtrade-Stadt

Ratsbeschluss Um das Siegel als Fairtrade-Stadt verliehen zu bekommen, müssen in einer Kommune fünf Kriterien erfüllt werden. Als erstes braucht es einen Stadtratsbeschluss zur Unterstützung des Fairen Handels. Bei öffentlichen Sitzungen sowie im Büro des Oberbürgermeisters sind fair gehandelter Kaffee und ein weiteres Produkt auszuschenken.

Steuerungsgruppe Es muss eine Koordinationsteam gebildet werden, das Fairtrade-Aktivitäten organisiert. Es braucht Mitglieder aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft.

Sortiment
Einzelhändler, Floristen sowie Gastronomen bieten mindestens zwei Produkte aus Fairem Handel an.
Zivilgesellschaft Produkte aus Fairem Handel werden in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Vereinen und Kirchen verwendet. Es werden immer wieder Bildungsaktivitäten zum Thema Fairer Handel umgesetzt.

Medien Mindestens zwei Mal jährlich soll dazu in lokalen Medien berichtet werden.