Bei Abbrucharbeiten kamen Reste des früheren Industriebetriebes zum Vorschein. Ab kommender Woche werden rund 1000 Tonnen benzol- und teerhaltige Erde entsorgt.
Im Mai legten die Bad Kissinger Stadtwerke voller Euphorie los: Am Stammsitz des Strom-, Wasser- und Gas-Versorgers in der Würzburger Straße sollte bis Ende 2015 ein Neubau entstehen. Die alten Lager und Werkstätten wurden zügig abgerissen, im Juli kam dann aber der Bau-Stopp - wegen Altlasten im Boden. "Wir mussten schauen, dass wir ein Umweltgutachten beibringen", berichtet Stadtwerke-Geschäftsführer Manfred Zimmer. Und: "Die Sanierung soll in der kommenden Woche starten."
"Hier war früher mal ein altes Gaswerk", weiß Zimmer über die Historie des Geländes hinter dem Verwaltungsgebäude. Die Thüringer Gasgesellschaft habe dort über Jahrzehnte aus Steinkohle, die per Bahn angeliefert wurde, Koks und Kokerei- oder im Volksmund kurz Koks-Gas hergestellt. "Das Gas wurde dann ins örtliche Gas-Netz eingespeist", berichtet Manfred Zimmer. Das Gas aus der Steinkohle sei oft auch Leuchtgas genannt worden, weil damit in der Zeit vor der Elektrifizierung Laternen betrieben wurden.
"Das lief bis Mitte der 1960er Jahre, dann hat man auf Ferngas umgestellt", erzählt Zimmer - und gibt zu: "Das war nicht ganz unbekannt." Trotzdem gingen die Stadtwerke davon aus, dass der Baugrund ohne Sanierung bebaubar ist. Allerdings kamen ausgerechnet beim Abriss des letzten Lager- und Werkstattgebäudes Reste der alten Industrieanlage zum Vorschein: "Das neue Gebäude wurde in den 1960er Jahren wohl einfach draufgesetzt, das war nirgends dokumentiert", sagt Zimmer.
"Nicht Herr des Verfahrens" Also musste die Umweltbehörde eingeschaltet werden: Im September wurden rund zwei Dutzend Bodenproben aus bis zu vier Metern Tiefe genommen und untersucht. "Gefunden wurden Benzol und teerhaltige Stoffe", berichtet Zimmer. Viel Spielraum bleibt den Stadtwerken nicht: "Wir sind nicht mehr Herr des Verfahrens", verweist Zimmer auf das Sanierungskonzept. Nach der aktuellen Schätzung müssen rund 1000 Tonnen Material entsorgt werden.
"Wir haben dadurch sieben bis acht Wochen Zeit verloren", sagt der Stadtwerke-Geschäftsführer über die Konsequenzen für den Neubau. Trotzdem: "Wir wollen zumindest die Sohle noch vor dem Winter reinbringen." Eine Fertigstellung im Jahr 2015 sei aber wohl nicht mehr zu schaffen. "Es wird wohl Anfang 2016."
"Die Stadtwerke haben mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen", sagt Manfred Zimmer zu den finanziellen Auswirkungen. Eine genaue Höhe sei noch nicht bekannt. Der Neubau selbst ist auf 5,8 Millionen Euro veranschlagt, geplant sind vor allem Lager und Werkstätten, das bisherige Verwaltungsgebäude direkt an der Straße wird auch weiterhin genutzt, dafür sollen andere, über die Stadt verstreute Standorte wegfallen.
Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, übernehmen die Stadtwerke die Sanierungskosten zunächst selbst. "Aber wir versuchen, den Verursacher in die Pflicht zu nehmen", verweist Zimmer darauf, dass die Stadtwerke das Gaswerk erst 1976 übernommen haben, die Altlasten aber aus der Zeit vor 1960 stammen.
StadtwerkeGeschichte Die heutige "Stadtwerke Bad Kissingen GmbH" ist 1998 durch die Umfirmierung des früheren Eigenbetriebes entstanden. Die Gesellschaft befindet sich immer noch zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt Bad Kissingen.
Aufgaben Die Stadtwerke versorgen Bad Kissingen mit seinen Stadtteilen sowie umliegende Gemeinden mit Strom, Gas, Fernwärme und Wasser. Die Gesellschaft betreibt außerdem die beiden Parkhäuser und ist mit dem Busunternehmen Weltz mit der Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs betraut. Die Stadtwerke haben zudem die KissSalis-Therme gebaut und sind Eigentümer, aber nicht Betreiber.