Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland tendiert in Richtung drei Millionen. Doch das Hauptproblem sieht Agentur-Chefin Nahles anderswo: Das alternde Deutschland hat nicht genug Fachkräfte.
Deutschland hat zu viele Arbeitslose - kurioserweise aber auch zu wenig Arbeitskräfte. «Eigentlich ist das größere, mittelfristige Problem auf dem deutschen Arbeitsmarkt tatsächlich die demografische Herausforderung und der Fachkräftemangel», sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, bei der Vorstellung der November-Statistik für den Arbeitsmarkt in Nürnberg.
Im November sank die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im Vergleich zum Vormonat um 26.000 auf 2,885 Millionen. Das sind allerdings 111.000 mehr als im November 2024, wie die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg mitteilte. Die Arbeitslosenquote sank im Vergleich zum Oktober um 0,1 Punkte auf 6,1 Prozent, liegt aber im Vergleich zum Vorjahresmonat um 0,2 Punkte höher. Die Bundesagentur griff für die November-Statistik auf Daten zurück, die bis zum 12. November zur Verfügung standen.
Über drei Millionen Arbeitslose im Winter
Anfang des Jahres 2026 hält Nahles eine Arbeitslosenzahl von mehr als drei Millionen für wahrscheinlich. «Die Schwäche der Konjunktur hält an und der Arbeitsmarkt bleibt ohne Schwung.» Dies dürfe aber den Blick auf ein anderes Problem nicht verstellen: Einer von mehreren Faktoren für die schwache Konjunktur ist der Mangel an Fachkräften. 49 Milliarden Euro entgehen der deutschen Wirtschaft pro Jahr, weil Stellen nicht besetzt werden können, rechnete das Institut der Deutschen Wirtschaft vor.
«Lange Jahre entwickelte sich die Beschäftigung deutlich besser als die Arbeitslosigkeit. Heute sind beide gleichauf – für starke Jobzuwächse reicht es wegen der demografischen Schrumpfung nicht mehr», sagte der Arbeitsmarktexperte Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung jüngst.
Unternehmen suchen Leute
Und auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger beklagt: «Trotz schwachem Arbeitsmarkt finden zwei von drei Unternehmen keine geeigneten Bewerberinnen und Bewerber, um offene Stellen zu besetzen.» Jedes zweite Unternehmen mit solchen Problemen mache dafür verantwortlich, dass Sozialleistungen als zu attraktiv empfunden werden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält dagegen. Den Sozialstaat zu schleifen schaffe keinen neuen Jobs, heißt es von dort. «Die Wirtschaftsverbände müssen in den eigenen Reihen für Ordnung sorgen, anstatt jeden Tag mit neuen absurden Ideen zum Sozialabbau ganze Belegschaften zu verunsichern», sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) kündigt auch politische Schritte an. «Auch in Zukunft muss es unser Ziel sein, mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Deswegen werden wir die Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit weiter stärken und die Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften erleichtern», betonte sie.