Die Strategie: Inhaltliche Auseinandersetzung statt Verbot
Merz will die Wahlkämpfe im kommenden Jahr auf die Auseinandersetzung mit der AfD als «Hauptgegner» konzentrieren. Sie würden «vermutlich allein um die Frage gehen: die oder wir», sagt er.
Der Kanzler setzt darauf, die AfD inhaltlich zu stellen. «Wir müssen vor allem den Wählerinnen und Wählern in Deutschland ein gutes Angebot machen, so dass sie gar nicht auf den Gedanken kommen, erneut möglicherweise bei der nächsten Wahl wieder diese Partei zu wählen.»
Von dem von der SPD angestrebten Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hält Merz wenig. Die rechtlichen Hürden dafür lägen zu hoch, sagt er. «Ich habe wenig Sympathie dafür, mit einem solchen Instrument zu arbeiten.»
Die Zweifler: «Entzauberung gelingt nicht durch Boykott»
Trotz aller Beteuerungen flammt die Debatte über den Umgang mit der AfD immer wieder auf. Vor der Präsidiumsklausur stießen drei ehemals einflussreiche Unionisten sie mit Äußerungen im «stern» wieder an: Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und der frühere Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission, Andreas Rödder.
«Entzauberung gelingt nicht durch Boykott», sagte der frühere CSU-Generalsekretär Guttenberg. Er sagte aber auch, dass er damit nicht das Einreißen der Brandmauer, sondern eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung meint. Auch Tauber beklagt, dass eine «reine Stigmatisierung» nicht zum Verschwinden der AfD führe. Mehrere ostdeutsche CDU-Politiker schlossen sich dieser Einschätzung der Altvorderen in öffentlichen Äußerungen an.
Dezidierter gegen die Brandmauer positioniert sich der Mainzer Historiker Rödder, der die CDU schon länger in einem «politischen Teufelskreis» sieht. Die Union sei durch die Brandmauer gezwungen, mit linken Parteien zu koalieren und ihnen Zugeständnisse zu machen, sagte er. Dadurch verliere sie aber an Zustimmung, was die AfD stärke. Er sieht die Frage des Umgangs mit der AfD daher als Existenzfrage für die Union.
Der Koalitionspartner: «Das muss dringend gestoppt werden»
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil forderte die CDU-Führung am Wochenende auf, sich offensiv gegen solche Stimmen aus den eigenen Reihen zu wenden. «Ich erwarte von allen in der Union, die Verantwortung tragen, dass sie sehr deutlich machen: Mit der AfD gibt es keinerlei Form der Zusammenarbeit, weder im Bund noch in den Ländern», sagte der Vizekanzler der «Bild am Sonntag». «Diese Festlegung war für uns eine Eintrittsbedingung in die Bundesregierung.»
Er habe zwar keine Zweifel daran, dass Kanzler Merz jede künftige Zusammenarbeit mit der AfD ablehne, sagte Klingbeil. «Aber ich nehme natürlich wahr, dass es andere in der CDU gibt, die versuchen, diese klare Abgrenzung aufzuweichen. Das muss dringend gestoppt werden.»