Wie entwickelt sich das weltweite Goldangebot?
Die Minenproduktion ist nach Tetzlaffs Angaben das Jahr über relativ konstant geblieben und erst im dritten Quartal um zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dass nicht viele versuchen, von der Goldpreis-Rallye zu profitieren, erklärt der Experte mit den hohen Investitionskosten. «Gewinne schöpfen kann man aber erst nach vielen Jahren. Von der Entdeckung eines Vorkommens bis zur tatsächlichen Produktion vergehen meist 15 bis 20 Jahre, in denen Exploration, Genehmigungen, Bau und Inbetriebnahme stattfinden.»
Weil Minengesellschaften sich zudem Nachhaltigkeitsstandards auferlegt hätten, werde genauer geschaut, wo und in welche Projekte sie tatsächlich investieren. Es gehe dabei um Lieferketten, Umwelt- und Sozialauflagen bis hin zu weltweit verbindlichen Sicherheitsregeln für Bergbauabfälle.
Wie relevant ist Recyclinggold inzwischen für das Gesamtangebot?
Generell wachse der Recyclinganteil im globalen Goldmarkt, sagt Tetzlaff. In Deutschland produziertes Feingold stamme fast zu 100 Prozent aus dem Recycling von Altgold und Elektronikschrotten. Die Folgen der Goldpreis-Entwicklung spürten auch die Scheideanstalten, zu denen Verbraucher und Verbraucherinnen ihr Altgold bringen. «Da kommt mehr als genug an, das Recyclinggeschäft brummt.» Recyceltes Gold sei qualitativ gleichwertig zu Minengold und spiele eine immer wichtigere am Markt.
Unterscheidet sich Deutschland von anderen Ländern?
Die Affinität zu Gold sei in Deutschland immer schon hoch gewesen, sagt Tetzlaff. Verschiedene Wirtschaftskrisen hätten das befördert. «Deswegen ist Deutschland weltweit ein wichtiger Goldmarkt. Denn Gold gilt hierzulande bis heute als verlässlicher Sachwert, der unabhängig von Geldpolitik und Finanzsystem Vertrauen schafft.» Ein Standortfaktor sei, dass Gold in der EU von der Mehrwertsteuer befreit sei: «Goldbarren und anerkannte Anlagemünzen können in Deutschland und der EU umsatzsteuerfrei erworben werden. Wenn ich Gold als Anlageprodukt ein Jahr halte, kann ich es steuerfrei verkaufen.»
Nach einer Analyse des World Gold Councils aus 2024 ist Gold in Deutschland eine weit verbreitete Anlageform: 37 Prozent der hiesigen Anleger hätten schon einmal in Gold investiert oder es besessen, viele seien Stammkunden. Neben der Möglichkeit, Gold in kleinen Mengen zu erwerben, gehe es unter anderem um Schutz vor Inflation, höhere langfristige Renditen im Vergleich zu Bargeld auf dem Sparbuch sowie die Risikostreuung und Portfoliodiversifizierung.
Der Bundesverband deutscher Banken veröffentlichte Anfang des Jahres eine Umfrage, der zufolge Deutsche für 2025 vor allem sichere Geldanlagen bevorzugten. An erster Stelle standen Immobilien (47 Prozent), gefolgt von Tagesgeld (43 Prozent) und Gold (41 Prozent) - vor Aktien und Fonds. Gerade im Jahresvergleich waren die Zahlen interessant: Für das Vorjahr hatten nur 14 Prozent der Befragten Gold als bevorzugtes Anlageprodukt genannt.
Ist ein Ausblick auf 2026 möglich?
Die Branche erwartet laut Tetzlaff stabile bis steigende Preise. «Für 2026 spricht vieles für einen weiterhin festen Goldpreis: Sinkende Zinserwartungen, anhaltende geopolitische Unsicherheiten und die starke Nachfrage der Zentralbanken bilden ein robustes Fundament, auch wenn zwischenzeitliche Schwankungen nicht auszuschließen sind», sagt der Fachmann. Die Nachfrage der Zentralbanken dürfte robust bleiben. Und geo- oder handelspolitische Unsicherheiten etwa in der Zollpolitik seien ebenfalls wahrscheinlich. «Wenn die eskalieren, kann der Goldpreis überproportional reagieren.»
Der World Gold Council äußert sich in einem Ausblick ähnlich: Verlangsamte sich das Wachstum oder gäbe es gar einen stärkeren Abschwung, seien moderate bis starke Gewinne möglich. «Umgekehrt würde ein Erfolg der von der Trump-Administration eingeleiteten Politik das Wirtschaftswachstum beschleunigen und geopolitische Risiken reduzieren, was zu höheren Zinsen und einem stärkeren US-Dollar führen und den Goldpreis drücken würde.»