Warum Landwirte in Europa protestieren
Autor: Rachel Boßmeyer und den dpa-Korrespondenten
, Freitag, 26. Januar 2024
Die großen Bauernproteste sorgten in Deutschland für ordentlich Aufsehen. Und auch anderswo in Europa demonstrieren die Landwirte. Treiben sie die gleichen Probleme um?
Blockierte Autobahnen, Kolonnen von Traktoren und wütende Bauern: Nicht nur in Deutschland bringen Landwirte ihren Frust derzeit lautstark zum Ausdruck. Von Rumänien bis nach Litauen und Frankreich wird blockiert und protestiert. In Frankreich sind für heute Protestaktionen in etwa 85 der 101 Départements angekündigt.
«Bei allen europäischen Landwirten gab es schon länger einen Überdruss», sagt die Studienleiterin beim Thinktank Agriculture Stratégies, Alessandra Kirsch, der Deutschen Presse-Agentur. Bisher seien die Agrarpreise recht gut gewesen, so dass die Landwirte zuversichtlich blieben.
Doch der Jahresanfang sei schwierig gewesen, die Preise seien im Fall. «Es brauchte quasi nichts, damit der Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt», sagt die Agrarexpertin. «Alle teilen wirklich das Gefühl, dass man ihnen immer mehr abverlangt.»
Kampf gegen Regularien aus Paris und Brüssel
In Frankreich lodert die Unzufriedenheit der Landwirte bereits seit Monaten. Sie stören sich an sinkenden Einnahmen, Umweltvorschriften aus Brüssel und allgemein zu vielen Vorgaben. Und zuletzt war auch in Frankreich Agrardiesel teurer geworden. Seit einigen Tagen blockieren Bauern Autobahnen, werfen Reifen oder Abfälle vor Behörden ab. Berichten zufolge haben einige Demonstranten auch Lastwagen aus dem Ausland geplündert und das Obst und Gemüse im Kampf gegen angeblich ungleiche Wettbewerbsbedingungen auf die Fahrbahn geworfen.
Die Gewerkschaften fordern Nothilfen für die Sektoren, denen es am schlechtesten gehe - vor allem die Biolandwirtschaft und den Weinbau - sowie Entschädigung für den höheren Dieselpreis. Außerdem sollten etwa Regelungen zur Wasserentnahme und zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zurückgenommen werden. Rechtsextreme versuchen, sich die Proteste zu nutzen zu machen und sich als Versteher der Bauern zu inszenieren.
Frust über Getreideeinfuhren aus dem Osten
In Polen protestieren die Bauern bereits seit Monaten. Der Protest richtet sich vor allem gegen die vom Zoll befreiten Importe von Getreide und anderen Agrarprodukten aus der Ukraine. Die Landwirte beklagen, dass diese Produkte ihnen die Preise verderben. Unterstützt wird der Protest von der rechtsnationalen Partei Konfederacja, die auf anti-ukrainische Stimmungsmache setzt.
In Litauen haben in dieser Woche mehrere Tausend Bauern gegen die Sparpläne und Agrarpolitik der Regierung des baltischen EU-Landes demonstriert. Sie sind mit Vorschriften zu Schutzgebieten, ihrer Einkommenssituation und den Milchpreisen unzufrieden und fordern, den Transit von russischem Getreide durch Litauen zu stoppen. Ähnlich wie in Deutschland geht es ihnen auch um den Preis von Kraftstoffen.