Das Erstarken der AfD im Westen löste bei den anderen Parteien Sorge aus. «Dieses Ergebnis muss uns zu denken geben, kann uns auch nicht ruhig schlafen lassen», sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). «Selbst meine Partei nicht, die diese Wahl so klar gewonnen hat.»
Stichwahlen in vielen NRW-Großstädten
Gewählt wurden neben den Kommunalparlamenten auch Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte. In vielen Großstädten wie Aachen, Bonn, Bochum, Bielefeld, Düsseldorf, Dortmund, Duisburg, Essen, Köln und Münster gibt es am 28. September Stichwahlen um die Oberbürgermeister-Posten.
In der größten NRW-Stadt Köln kommt es zu einer Stichwahl zwischen der Grünen-Landtagsvizepräsidentin Berivan Aymaz und dem SPD-Mann Torsten Burmester. In der Landeshauptstadt Düsseldorf lag Amtsinhaber Stephan Keller (CDU) vorn, muss aber in die Stichwahl gegen Clara Gerlach (Grüne). In Bonn muss sich die grüne Oberbürgermeisterin Katja Dörner einer Stichwahl gegen den CDU-Kandidaten Guido Déus stellen, der im ersten Wahlgang die Nase vorn hatte.
Drei Stichwahlen mit AfD-Beteiligung
In den Ruhrgebietsstädten Gelsenkirchen, Duisburg und Hagen kamen AfD-Kandidaten in die Stichwahl, sie treten gegen SPD-Kandidaten (Gelsenkirchen, Duisburg) und einen CDU-Kandidaten (Hagen) an.
Bei diesen drei Stichwahlen wollen sich CDU und SPD gemeinsam gegen die AfD-Kandidaten unterstützen. Das kündigten Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und SPD-Landesparteichefin Sarah Philipp noch am Wahlabend im WDR-Fernsehen an. «Da, wo die CDU mit der AfD in der Stichwahl ist, da ist für mich als Sozialdemokratin ganz klar, wir unterstützen natürlich die CDU», sagte Philipp. Das erwarte sie umgekehrt auch von der CDU. Wüst sagte, dass die CDU in der Frage glasklar aufgestellt sei. «Wenn jemand von der AfD in der Stichwahl ist und jemand von einer demokratischen Partei, dann wissen Demokraten, was zu tun ist.»
AfD: «Volksabstimmung über die Richtung unseres Landes»
AfD-Landeschef Martin Vincentz sagte am Sonntagabend: «Die ersten Auszählungen zeigen es deutlich: NRW möchte weniger "Weiter so" und mehr AfD – viel mehr!» Die Kommunalwahl sei mehr als eine reine Abstimmung über Bürgermeister, Stadträte und Kreistage. Sie sei eine «Volksabstimmung über die Richtung unseres Landes» gewesen.
SPD: Müssen aus Tief herauskommen
Enttäuscht reagierten die SPD-Vorsitzenden Bärbel Bas und Lars Klingbeil. «Es ist richtig, dass wir den Abwärtstrend nicht stoppen konnten», sagte die Duisburgerin Bas im WDR. Dennoch seien die Werte kein Desaster, wie es ihrer Partei zuvor prognostiziert wurde. «Wir müssen uns natürlich fragen, wie wir aus diesem Tief wieder rauskommen», sagte Bas. Das gute Ergebnis der AfD müsse allen demokratischen Parteien Sorge machen.
Spahn: Rückenwind für schwarz-rote Koalition
Der Ausgang der Kommunalwahlen mit dem Sieg der CDU gibt nach Einschätzung von Unions-Fraktionschef Jens Spahn der schwarz-roten Koalition im Bund Rückenwind. Das Ergebnis sei Ansporn für eine ruhige pragmatische Arbeit. Zugleich warnte Spahn: «Der Zuwachs der extremen Rechten muss uns allen ein Weckruf sein: Armutsmigration, Sozialmissbrauch und zu oft gescheiterte Integration dürfen nicht tabuisiert werden.»
Enttäuschung bei den Grünen
Die NRW-Grünen reagierten enttäuscht angesichts des Absturzes ihrer Partei. «Bei der vergangenen Kommunalwahl hatten Zukunftsthemen Rückenwind, derzeit haben sie oft Gegenwind», teilten die Grünen-Landesvorsitzenden Yazgülü Zeybek und Tim Achtermeyer mit. 2020 hatten die Grünen mit 20 Prozent ihr bestes Ergebnis bei einer Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen erzielt.
Fast 14 Millionen Wahlberechtigte
Rund 13,7 Millionen Bürger waren zu den Kommunalwahlen im bevölkerungsstärksten Bundesland aufgerufen. Seit 1999 hat die CDU bei Kommunalwahlen in NRW regelmäßig landesweit die meisten Stimmen geholt.