Mit der Auflösung des Bundestages kommt das politische Handeln mit einem Schlag zum Erliegen. Davor aber will Scholz nach eigenen Angaben noch wichtige Projekte wie die Stabilisierung der Rente oder die Umsetzung der Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems durch Bundestag und Bundesrat bringen. Daher will der Kanzler die Vertrauensfrage auch erst Mitte Januar stellen. Das Problem dabei: Scholz ist seit dem Aus der Ampel-Koalition der Chef einer Minderheitsregierung und muss auf Unterstützung aus den Reihen der Opposition hoffen. Die hofft er bei der Union zu bekommen - von den Liberalen wird die nämlich aller Voraussicht nach nicht mehr kommen.
Großes Fragezeichen bei Bundeshaushalt 2025
Eine der großen Fragen ist nun, was aus dem Bundeshaushalt 2025 wird. Dafür gibt es keine Ampel-Mehrheit mehr. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Union von CDU und CSU nun für eine Mehrheit sorgt. Wird kein Haushalt beschlossen, würde ab Januar eine sogenannte vorläufige Haushaltsführung gelten. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien aber bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen.
Das Ampel-Aus kommt in einer schwierigen Phase. Der Wahlsieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen bedeutet enorme Herausforderungen für Deutschland und Europa - zum Beispiel in Fragen der Sicherheitspolitik, der Handelspolitik und der Klimapolitik.
Dramatisch könnte es bei der westlichen Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf gegen den russischen Angriffskrieg werden. Gerade in dieser wichtigen Phase fällt Deutschland als "Stabilitätsanker" aus. Auch vor dem Hintergrund der weltpolitischen Krisen hatte Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) gewarnt: "Dies ist die schlechteste Zeit, dass die Regierung scheitert."
"Die schlechteste Zeit, dass die Regierung scheitert"
Nach dem Ampel-Aus sagte Habeck, die Koalition habe nicht den besten Ruf gehabt. Man habe sich häufig gestritten. "Dennoch will ich für uns sagen, dass sich das heute Abend falsch und nicht richtig anfühlt, geradezu tragisch an einem Tag wie diesem, wo Deutschland in Europa Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit zeigen muss."
Der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, schrieb auf der Plattform X vom vielleicht schwierigsten Moment in der Geschichte der Bundesrepublik. "Zur inneren Strukturkrise kommen nun massive außenwirtschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderungen, auf die wir nicht vorbereitet sind." Deutschland müsse kurzfristig massiv in europäische Verteidigungskapazitäten investieren und mit Frankreich und anderen willigen Partnern vorangehen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat bereits mehr Geld für die Bundeswehr gefordert - auch ein neuer Wehrdienst ist geplant. Pistorius verwies auf die schnelle Aufrüstung Russlands unter Wladimir Putin. "Die russische Industrie produziert in drei Monaten mehr Waffen und Munition als die gesamte Europäische Union in einem Jahr. Und wir müssen damit rechnen, dass Putin willens und bereit ist, seine Streitkräfte auch zu nutzen", sagte Pistorius der dpa.
Was bedeutet das Ampel-Aus für die Wirtschaft?
Das Ampel-Aus ist auch ein Rückschlag für die deutsche Wirtschaft. Für 2024 wird das zweite Rezessionsjahr in Folge erwartet. Deutschland hinkt anderen großen Wirtschaftsnationen hinterher. Bei Unternehmen und auch privaten Haushalten herrscht Unsicherheit. Firmen halten sich mit Investitionen zurück, Bürgerinnen und Bürger legen ihr Geld auf die hohe Kante. Das dürfte sich nun erst einmal nicht ändern.
Wirtschaftsverbände hatten die Ampel zu umfassenden Reformen aufgefordert - und zwar schnell. Die wichtigsten Punkte: die im internationalen Vergleich hohen Energiepreise müssten sinken, Bürokratie abgebaut und die teils marode Infrastruktur auf Vordermann gebracht werden.
Nach dem Scheitern der Ampel droht eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Auch im kommenden Jahr könnte die Konjunktur nicht in Fahrt kommen.
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