Vergiftungen und sogar Todesfall: Deutsche Klinik warnt vor gefährlicher Pilz-Verwechslung
Autor: Benedikt Günther
Hannover, Donnerstag, 10. August 2023
Beim Pilzesammeln ist stets Vorsicht geboten: Bereits eine Verwechslung kann zu einer schweren Vergiftung führen. Die Medizinische Hochschule Hannover warnt wegen mehrerer Vergiftungsfälle innerhalb kürzester Zeit besonders vor einer Pilzsorte.
Die Pilzsaison 2023 hat begonnen und viele machen sich wie jedes Jahr regelmäßig auf in die Wälder, um den ein oder anderen "Schwamm" für die hauseigene Küche zu finden. Doch beim Pilzesammeln ist stets Vorsicht geboten: Viele übliche Speisepilze haben giftige Doppelgänger, die oft kaum zu unterscheiden sind. Während einige Giftpilze, wie der Fliegenpilz, wohl jedem bekannt sind, kommt es immer wieder vor, dass einige fälschlicherweise für Speisepilze gehalten werden. Vor einem dieser Pilze sollte man sich dabei besonders in Acht nehmen: dem Knollenblätterpilz.
Wegen gleich mehrerer schwerer Vergiftungen in Verbindung mit dem Knollenblätterpilz hat die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) am Mittwoch (9. August 2023) eine offizielle Warnmeldung in Bezug auf diese Pilzart ausgegeben. Besonders die grüne Variante ist dabei oft Auslöser für schwere Verläufe und trägt daher den Spitznamen "Deathcap", also "Todeskappe". Doch auch in Weiß oder Gelb ist mit dem Knollenblätterpilz nicht zu spaßen.
Für 90 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen verantwortlich
Seit Anfang August wurden bereits sechs Menschen wegen einer Knollenblätterpilz-Vergiftung auf der Intensivstation der Klinik der MHH behandelt. Die meisten Betroffenen stammen dabei aus "Ländern der ehemaligen Sowjetunion und des Mittleren Ostens". Professor Dr. Markus Cornberg, stellvertrender Direktor der Klinik für Gastroenterologie, sieht dabei einen Zusammenhang zwischen Herkunft und Vergiftung: "In den Heimatländern der betroffenen Personen ist der Knollenblätterpilz vermutlich weniger verbreitet". Eine der betroffenen Personen ist mittlerweile bereits verstorben, bei einer weiteren wird aktuell eine mögliche Lebertransplantation geprüft.
Ein allgemeines Problem mit dem Knollenblätterpilz ist laut Cornberg die "Unkenntnis", durch die die "Gefahr des Pilzesammelns oft nicht ausreichend ernst genommen wird". Der Arzt warnt weiterhin vor Apps oder Büchern, mit denen man Pilze leichter erkennen kann, denn auch diese "schützen nicht vor Verwechslung", die wiederum schnell zu Vergiftungen und Organversagen führen kann. Hat man Pilze gesammelt, ist es eher ratsam, einen Pilzsachverständigen zu konsultieren. Das Giftinformationszentrum-Nord rät außerdem dazu, Schulungen zur Verbesserung der Artenkenntnis zu besuchen und sich keinesfalls auf Apps zu verlassen, wenn man Pilze zum Verzehr sammeln möchte.
So lässt sich auch eine Begegnung mit dem Knollenblätterpilz vermeiden, der zwischen August und Oktober vor allem in Laub- und Laubmischwäldern vorkommt. Als einer der giftigsten Pilze Deutschland gehen ganze 90 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen auf den Verzehr eines Knollenblätterpilzes zurück.
Leberversagen droht: Symptome einer Vergiftung durch den Knollenblätterpilz
Das Gift wirkt dabei eher langsam und erst nach mehreren Stunden werden erste Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall - ähnlich einer Magen-Darm-Erkrankung - bemerkbar. Bereits nach ein bis zwei Tagen greift das Gift allerdings die Leber stark an, teils treten auch Gerinnungsstörungen und Nierenprobleme auf. Im schlimmsten Fall stellt die Leber sogar ihre Funktion komplett ein. Dann, so Cornberg, könne nur noch eine Transplantation das Leben der Patienten retten.
Zu erkennen ist der Knollenblätterpilz an einem drei bis 15 Zentimeter breiten "Hut", der glockig bis schirmartig ausgebreitet ist. An der Unterseite finden sich weiße Lamellen, die allgemeine Farbe des Giftpilzes kann dabei sowohl weiß als auch grün oder gelb-grün sein. Beim Verdacht einer Pilzvergiftung rät das MHH dringend dazu, den Notarzt zu verständigen. Um die Diagnose zu erleichtern ist es außerdem ratsam, Pilzreste oder sogar das Erbrochene, aufzuheben. Das Giftinformationszentrum-Nord hat zusätzlich Rufnummern für die Beratung bei Pilzvergiftungen eingerichtet. Bei dringenden Fragen kann man sich beim Giftnotruf unter der Telefonnummer 0551/19240 melden. Bei eher allgemeinen Fragen steht das Fachpersonal unter 0551/383180 zur Verfügung.