Mussten sich Tchibo-Mitarbeiter mit einem Gehaltsstopp abfinden?
Angesichts der lange Zeit gestörten Lieferketten, des Krieges in der Ukraine, sowie steigender Rohstoff- und Energiepreise sowie der nachlassenden Konsumlust der Verbraucher hatte Tchibo schon vor einem Jahr ein erheblich rückläufiges Ebit prognostiziert. Dass der Umsatz anders als erwartet stabil blieb, erklärt Tchibo mit einer positiven Entwicklung bei Kaffee sowie im Filial- und Außer-Haus-Geschäft. Nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbandes schnellt der Kaffeeverbrauch außer Haus in Deutschland mit dem Ende der Corona-Pandemie in die Höhe. Trotzdem soll nach Bild-Informationen die sonst übliche jährliche Gehaltserhöhung ausgesetzt worden sein. Mitarbeiten hätten sich mit einem Gehaltsstopp abfinden müssen.
Zukünftig wolle Tchibo-Chef Weber "mehr Wert auf die Kaffeebars und das Seating (Anm. d. Red.: Bewirtung am Tisch) legen." Auch die Präsentation der Genusswelt stehe wieder im Vordergrund, sagte er der Bild. Konzernsprecher Arnd Liedtke zeigte sich ebenfalls optimistisch. Auf die Frage, ob Tchibo pleite geht, sagte er dem Medium: "Die Antwort ist kurz und eindeutig: ein klares Nein!“ Nach seinen Aussagen werde der Konzern dieses Jahr wieder mit einem Gewinn abschließen, bevor Tchibo im nächsten Jahr mit seinen Kunden den 75. Geburtstag feiern werde.
Bereits im Juni kündigte der Konzern an, bis Ende des Jahres etwa 300 Stellen streichen zu wollen. Der Kaffeekonzern hat in Deutschland noch rund 7100 Beschäftigte, zusammen mit dem Auslandsgeschäft sind es über 11.000 Arbeitsplätze.
Tchibo gehört zu 100 Prozent der Holding Maxingvest, in der ein Teil der Hamburger Familie Herz ihre Beteiligungen gebündelt hat. Zweites Standbein von Maxingvest ist die Mehrheitsbeteiligung am Hamburger Nivea-Hersteller und Dax-Konzern Beiersdorf (gut 51 Prozent), zu dem auch der Klebefilmproduzent Tesa gehört.
Update vom 07. Juni 2023, 11.23 Uhr: Tchibo will rund 300 Stellen streichen
Der Hamburger Handelskonzern und Kaffeeröster Tchibo will bis Ende des Jahres etwa 300 Stellen streichen. Dies betreffe auch die Verwaltung in Hamburg, sagte ein Unternehmenssprecher der Deutschen Presse-Agentur. "Nach einem deutlichen Personalaufwuchs während der Pandemie werden wir damit die Strukturen wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurückführen." Dies solle etwa durch das Streichen unbesetzter Stellen, das Auslaufen von Zeitverträgen und Fluktuation erreicht werden. "Betriebsbedingte Kündigungen können aber nicht ausgeschlossen werden", sagte der Sprecher. Die Beschäftigten seien bereits im April über die Pläne informiert worden.
Zuvor hatte die Tageszeitung Die Welt darüber berichtet. Das Blatt beruft sich auf ein internes Schreiben. Erst vor wenigen Wochen sei den Beschäftigten mitgeteilt worden, dass die übliche jährliche Gehaltserhöhung in diesem Jahr ausfalle.
Der Kaffeekonzern hat in Deutschland noch rund 7100 Beschäftigte, zusammen mit dem Auslandsgeschäft sind es über 11.000 Arbeitsplätze. Tchibo gehört zu 100 Prozent der Holding Maxingvest, in der ein Teil der Hamburger Familie Herz ihre Beteiligungen gebündelt hat. Zweites Standbein von Maxingvest ist die Mehrheitsbeteiligung am Hamburger Nivea-Hersteller und Dax-Konzern Beiersdorf (gut 51 Prozent), zu dem auch der Klebefilmproduzent Tesa gehört.
Erstmeldung vom 26.05.2023, 03.36 Uhr: Nächster Einzelhandel vor dem Aus: Vielen Filialen droht die Schließung
Die Corona-Pandemie hat das Kaufverhalten vieler Konsument*innen nachhaltig beeinflusst. Laut einer Studie des Unternehmens KPMG bewertete jede*r fünfte Befragte in Deutschland Online-Shopping als "praktisch, bequem und einfach" und hatte vor, es auch nach der Pandemie beibehalten. Das zeigt sich jetzt im Einzelhandel: Immer mehr Geschäfte sind am Kämpfen.
Zuletzt sorgten die Schließungen vieler Filialen von Karstadt und Kaufhof für Schlagzeilen. Jetzt scheint auch Tchibo betroffen zu sein. Wie steht es um das Geschäft mit dem vielfältigen Sortiment? Das Jahr 2021 sei einem Bericht der Welt zufolge, für den Konzern überraschend gut verlaufen. Im Vergleich zum Vorjahr habe man den Gewinn verdoppeln können. Deutlich schlechter sieht jetzt allerdings die Prognose für 2022 aus. Man gehe von einem "erheblich rückläufigem" Ergebnis aus.
"Am Ende wird nur das Kaffeegeschäft überleben" - Experte äußert sich zu Tchibo
Vor allem die Lagerbestände seine für Tchibo problematisch, wie die Welt dazu schreibt. Scheinbar wurden im profitstarken 2021 große Mengen an Waren angekauft, die man aktuell nicht mehr unter die Kund*innen bringt. Unter den Angestellten an den vielen Tchibo-Standorten gebe es deswegen immer mehr Zweifel an dem Geschäftsmodell.
Mitarbeiter*innen sollen verschiedenen Medienberichten zufolge bei Tchibo schlechter bezahlt werden als beispielsweise die Angestellten bei Lidl oder Aldi. Laut dem Verbraucherportal Chip365 gebe es im Intranet von Tchibo immer wieder Beschwerden über die aktuellen Zustände. Auch die gewohnte Gehaltsrunde falle in diesem Jahr aus.
Handelsexpert*innen haben der Welt zufolge ebenfalls Zweifel an dem Handelsmodell von Tchibo. Gerrit Heinemann, Professor an der Hochschule Niederrhein, etwa vermutet: "Am Ende wird nur das Kaffeegeschäft überleben." Auch ein "Downsizing" und plötzliche Filialschließungen hält er für wahrscheinlich.
Wären sie beim Kaffee geblieben…