Sylt: Junge Menschen grölen Nazi-Parolen - Politiker äußern sich zum Video
Autor: Agentur dpa
Sylt, Samstag, 25. Mai 2024
Ein kürzlich aufgenommenes Video zeigt, wie junge Männer und Frauen rassistische Sätze wie "Deutschland den Deutschen" zu einem Party-Hit in einem Nachtclub grölen. Jetzt reagierten berühmte Politiker.
Update vom 25.05.2024, 17.35 Uhr: "Schande für Deutschland" - berühmte Politiker äußern sich zu Sylt-Video
Die rassistischen Gesänge junger Partygäste auf Sylt alarmieren die Politik und schüren Sorgen vor einem Rechtsruck hierzulande und Schäden für die Demokratie. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte am Wochenende: "Wer so rumpöbelt, ausgrenzt und faschistische Parolen schreit, greift an, was unser Land zusammenhält." Die bekannte Bar Pony im Inselort Kampen teilte mit, man habe Strafanzeige gestellt. Der Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen.
Auf dem kurzen Video, das am Donnerstag viral gegangen war und zu Pfingsten entstanden sein soll, ist zu sehen und zu hören, wie junge Menschen zur Melodie des mehr als 20 Jahre alten Party-Hits "L’amour toujours" von Gigi D'Agostino rassistische Parolen grölen. Scheinbar völlig ungeniert und ausgelassen singen sie "Deutschland den Deutschen - Ausländer raus!". Ein Mann macht eine Geste, die an den Hitlergruß denken lässt. Von den Umstehenden scheint sich niemand daran zu stören.
Für einige Beteiligte hatte das Gegröle ein schnelles Nachspiel: Die Werbeagentur-Gruppe Serviceplan Group erklärte, sie habe einen beteiligten Mitarbeiter fristlos entlassen. Auch die Hamburger Influencerin Milena Karl entließ nach eigenen Angaben eine Mitarbeiterin, die dabei war. "Ich bin selbst Migrantin und als werdende Mutter steht alles, was in diesem Video zu sehen ist, für eine Gesellschaft, in der ich mein Kind nicht großziehen möchte."
Die Betreiber des Lokals schrieben dazu auf Instagram: "Hätte unser Personal zu irgendeinem Zeitpunkt ein solches Verhalten mitbekommen, hätten wir sofort reagiert. Wir hätten umgehend die Polizei verständigt und Strafanzeige gestellt. Das haben wir mittlerweile tun können." Bei der Party waren mehrere Hundert Gäste, wie Geschäftsführer Tim Becker im ZDF sagte.
DJ Gigi D'Agostino, dessen Song verhunzt wurde, stellte klar, dass sich dieser ausschließlich um Liebe drehe. "In meinem Lied "L'amour toujours" geht es um ein wunderbares, großes und intensives Gefühl, das die Menschen verbindet", teilte D'Agostino auf dpa-Anfrage mit. Zentral sei zudem die Freude über die Schönheit des Zusammenseins.
Wirtschaftsminister Habeck äußerte sich bestürzt über das Skandal-Video. Die Szenen seien verstörend und absolut inakzeptabel, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Mit Blick auf die Feiern zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes sagte Habeck, Deutschland habe es geschafft, zu einer starken Demokratie zu werden, die auf Respekt und Pluralität gebaut sei. "Das zu schützen ist unsere Aufgabe." Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz fragte: "Was geht eigentlich in den Köpfen dieser Leute vor, das ist doch auch mit Alkoholkonsum nicht mehr zu erklären."
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich mit Blick auf die rassistischen Gesänge besorgt über die Verrohung der politischen Umgangsformen. "Die jüngsten Ereignisse, die wir gerade in einem Video aus einer Bar auf der Insel Sylt gesehen und gehört haben, verstärken diese Beunruhigung", sagte er beim Demokratiefest in der alten Bundeshauptstadt Bonn. "Sie verstärken sie, weil es offensichtlich nicht nur die Randständigen, Abgehängten sind, die sich radikalisieren, sondern das ist eine Radikalisierung, die mindestens in Teilen in der Mitte der Gesellschaft auch stattfindet."