Berlin
Stromversorgung

Stromausfall in Deutschland: Was steckt hinter der Warnung?

Seit Dezember 2019 geistert die Nachricht über einen totalen Stromausfall durch die sozialen Netzwerke. Auch der 15. Januar 2020 wurde als möglicher Zeitpunkt genannt. Die Menschen erwarten einen Mega-Strom-Blackout. Statistiken lassen ähnliche Rückschlüsse zu. Ein Fakten-Check.

Ein Mega-Blackout soll ganz Deutschland lahmlegen. Wie wahrscheinlich ist so ein Szenario? Seit Dezember 2019 wird diese Horror-Meldung immer wieder über die sozialen Netzwerke ausgespielt. Auch YouTuber reden darüber und warnen, die Menschen sollen sich Notfall-Vorräte anlegen. Alle beziehen sich auf einen Artikel der Welt: Veröffentlicht im Jahr 2018, trägt er den Titel " Am 15. Januar 2020 droht Deutschland der Strom auszugehen". Nun ein weiterer Artikel mit ähnlich provokanter These: Der Blackout komme später, dafür noch schlimmer. Was steckt dahinter? inFranken.de und Mimikama haben den Faktencheck gemacht.

Update vom 16.01.2020: Kommt der "Mega-Blackout" im Jahr 2021?

Die Zeitung Die Welt berichtet von einem "nicht zu deckenden Strombedarf" bei einer hypothetischen Spitzenlast am 20. Januar 2021. Das gehe aus der aktuellen Leistungsbilanz der Stromanbieter hervor. Und tatsächlich: Im Leistungsbericht beziehen die Übertragungsnetzbetreiber "50Hertz", "Amprion", "TenneT" und "TransnetBW" Stellung zu den Gedankenspielen.

Sie erklären, dass sie im Fall oder Fälle Strom aus dem Ausland importieren müssten. Das liege an dem "Auslaufen der Reservekraftwerksverordnung". Das bedeutet, dass einige Energiereserven vertragsgemäß aufgebraucht werden, andererseits noch keine entsprechenden Reserveenergie-Rücklagen gebildet werden konnten. Im Fall der Fälle, müssten diese Energien also aus dem Ausland kommen. Auch weil der Fortschritt in der Wind-, Sonnen- und Wasserenergie noch nicht dasselbe Volumen (also genug Strom) erzeugen, kann wie die anderweitig gewonnenen Stromquellen.

Der so heraufbeschworene "Mega-Blackout" den die Welt heraufbeschwört würde also dadurch entstehen, dass immer weniger Stromquellen für einen stetig steigenden Energiebedarf zuständig seien. Das würde an einem bestimmten Tag zu einer kollektiven sicherheitsbedingen Abschaltung der Kraftwerke führen. Außer, der Energiebedarf kann davor anderweitig gedeckt werden.

Update vom 15.01.2020, 21.30 Uhr: Keine nennenswerten Stromausfälle - alles nur Panikmache?

Nachdem der vermutete deutschlandweite Blackout für 19 Uhr am 15. Januar 2020 angekündigt wurde, ist nun festzustellen: Zumindest die erwartete Uhrzeit stimmte wohl nicht. Denn nach aktuellem Stand (21.30 Uhr) gibt es in Deutschland bisher keine nennenswerten Stromausfälle, die auf einen nahenden Blackout schließen lassen könnten. Ist die Angst vor einem totalen Stromausfall also nur Panikmache oder sind die Bedenken möglicherweise doch begründet?

Berichte: Am 15. Januar 2020 droht Deutschland die Apokalypse

Diverse Youtuber drehen seit dem Dezember 2019 Videos, die Panik und Angst über den drohenden Blackout verbreiten. Damit lassen sich schließlich so einige Klicks generieren. Doch woher nehmen die Youtuber diese Informationen?

In einem Video wird behauptet, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz aufgerufen hat, Notmaßnahmen zu ergreifen. Dabei wird weder erwähnt, wie alt diese Information schon ist, noch dass dort nur allgemeine Informationen zu einem Blackout geschrieben werden.

Strom-Blackout 2020: Quelle nicht frei zugänglich

An diesen Behauptungen ist nicht alles erlogen. Die Warnungen bezüglich des 15. Januar 2020 haben einen wahren Kern, schreibt mimkama. Die Videos und Seiten stützen sich auf einen Artikel der "Welt", der am 23. Januar 2018 erschienen ist. Dieser trägt die Überschrift "Am 15. Januar 2020 droht Deutschland der Strom auszugehen". Zum Lesen dieses Artikels muss allerdings bezahlt werden und somit kann er nicht von allen Nutzern gelesen werden. Zudem wird dort die Uhrzeit 19 Uhr erwähnt.

Das macht es den Youtubern und Seiten leicht, den Blackout vorherzusagen, weil die Zuschauer und Leser die Quelle nicht so einfach auf Richtigkeit kontrollieren können - oder auch einfach keine Lust darauf haben.

Das Datum

Der Artikel der Welt wurde am 23. Januar 2018 veröffentlicht und bezieht sich auf einen "Bericht der deutschen Übertragungsnetztreiber zur Leistungsbilanz 2016-2020" mit dem Stand vom 31. Oktober 2017.

Darin heißt es: "Für die Prognose der Jahre 2018-2020 ist der zu erwartende kritischste Zeitpunkt in Deutschland ausgewählt worden. Dieser liegt erwartungsgemäß in den Abendstunden eines Wochentages im Januar. In Anlehnung an die bei "ENTSO-E" übliche Darstellung wird der 3. Mittwoch im Januar um 19.00 Uhr betrachtet."

Die Besonderheit des 15. Januar 2020

Wenn man sich den Bericht des Übertragungsnetztreibers von 2018 ansieht, fällt auf, dass in der Prognose 2020 die verbleibende Leistung inklusive der Reserven bei –0,5 Gigawatt liegen. Wenn man den Strom aus den Kraftwerken im Ausland dazurechnet, ist das Ergebnis ein Ausgleich von 0,0 Gigawatt. Geht man also rein von diesen Zahlen aus, wird es tatsächlich eng für Deutschland.

Was sagt die aktuelle Prognose?

Der aktuellste Bericht vom 23. Januar 2019 sagt aus, dass es keinen direkten Tag mehr und auch keine exakte Uhrzeit mehr gibt. Als Information steht darin nur die dritte Kalenderwoche.

Im Januar 2019 wurde die Prognose bereits auf die aktuellen Werte korrigiert.

Zukunftsprognose

Es wird bei diesen Prognosen von aktuellen Werten ausgegangen. Deswegen könnte jedes Jahr eine Panik über einen Blackout losbrechen. Die frühzeitigen Prognosen helfen neuen Infrastrukturen aber bei neuer Planung, besonders wenn es sich um Negativwerte handelt. Die Situation war beim Erscheinen des Artikels der "Welt" also tatsächlich unklar.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich bei den Werten um veraltete Informationen handelt. Diverse Behauptungen und Ergebnisse sind falsch und reine Panikmache der Zuschauer und Leser.