Steuererhöhungen in Deutschland: Schwarz-rot hält sich Optionen offen
Autor: Nadine Wüste, Agentur dpa
Berlin, Mittwoch, 23. April 2025
Zukünftige Steuerentscheidungen der schwarz-roten Koalition in Deutschland stehen im Fokus, während Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft und Entlastung der Bürger erörtert werden. Differenzen in der Steuerpolitik sorgen für heftige Kontroversen in allen politischen Lagern.
Die zukünftige schwarz-rote Koalition möchte ohne Steuererhöhungen auskommen – jedoch bleibt die Option für mögliche Krisensituationen grundsätzlich offen. "Das vorderste Ziel bleibt, dass wir Deutschland und Europa stark machen und dass wir dafür auch die finanziellen Mittel haben", sagte SPD-Chef Lars Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er fügte jedoch hinzu: "In turbulenten Zeiten kann man nichts grundsätzlich ausschließen, sonst legt man sich unnötig Fesseln an." Auch der CDU-Vorsitzende und wohl zukünftige Kanzler Friedrich Merz hatte Steuererhöhungen nicht kategorisch ausgeschlossen.
Klingbeil sagte: "Die Vereinbarung lautet: keine Steuererhöhungen. Aber ich habe in der Ampelkoalition erlebt, was es bedeutet, wenn man sich finanziell festgemauert hat." Er erwarte stets eine Offenheit, in der Koalition über die gegenwärtige Lage und über notwendige und sinnvolle Dinge zu sprechen. Hierzu zählt für ihn auch eine "echte Reform" der Rente. Merz hatte kürzlich in der ARD gesagt: "Wir haben einen Koalitionsvertrag, und da steht keine Steuererhöhung drin, es wird auch keine geben." Zugleich gelte: "Man soll nie 'nie' sagen. Wir wissen nicht, was auf dieser Welt noch passiert."
Müssen "die Fleißigen in den Mittelpunkt stellen": Anstrengung soll sich wieder lohnen
Klingbeil spielte auf diese Aussage an. Er habe zur Kenntnis genommen, "dass Friedrich Merz öffentlich gesagt hat, dass man Steuererhöhungen nicht für alle Zeit ausschließen kann. Insofern gilt, dass wir die finanzielle Situation immer wieder neu bewerten werden." Der SPD-Chef, der als möglicher Finanzminister gehandelt wird, betonte zugleich: "Im Haushalt ist nicht Jahrmarkt. Wir müssen Prioritäten setzen: Die Wirtschaft ankurbeln und die Fleißigen in den Mittelpunkt rücken, damit sich Anstrengung lohnt – ob im Job, in der Familie oder in der Integration. Und Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen ermöglichen."
In der Diskussion um Steuererhöhungen geht es in der Regel um zusätzliche Belastungen für Reiche und Vermögende, etwa durch eine höhere Erbschaftsteuer oder eine Vermögensteuer. Die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen will die Koalition zur Mitte der Wahlperiode senken – aber auch das gilt nicht als fix.
Von der Opposition kam Kritik. Linke-Fraktionsgeschäftsführer Christian Görke warf der SPD vor, trotz eines total "überbuchten" Koalitionsvertrags die Option einer Steuererhöhung geräumt zu haben. "Die Sozialdemokratie hat für den Eintritt in das neue Regierungsbündnis das Ziel einer gerechten Besteuerung des deutschen Geldadels einfach über Bord geworfen." Dabei wäre dies eine zentrale Stellschraube, um Geld für wichtige Investitionen einzunehmen.
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"Brauchen wieder wirtschaftliches Wachstum"
CSU-Chef Markus Söder unterstrich in der Augsburger Allgemeinen, alle Pläne von Steuererhöhungen seien vom Tisch. "Steuern runter und nicht rauf, das ist die Devise!" Nach Sonderabschreibungen für Firmen über drei Jahre solle die Unternehmenssteuer gesenkt werden. Mittlere und untere Einkommen sollten entlastet werden – auch mittelständische Betriebe, die nicht von der Körperschaftsteuer betroffen sind. Das gehe nicht sofort.
"Dazu brauchen wir wieder wirtschaftliches Wachstum, damit wir das Geld für Entlastungen haben." Der Bund der Steuerzahler forderte, kleine und mittlere Einkommen deutlich zu entlasten. Es sei nicht sinnvoll, "über einen Mindestlohn von 15, 16 Euro nachzudenken, wenn auf der einen Seite dieser Lohn kommt und auf der anderen Seite die Einkommensteuer diesen Effekt wieder wegfrisst", sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel im Deutschlandfunk. Dass dem zukünftigen Bundeskabinett 17 Ministerinnen und Minister angehören sollen, halte er im Sinne einer guten Sparpolitik für ein schlechtes Beispiel.