Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung spricht über die Folgen von übermäßiger Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen. Ein neues Pflichtfach an Schulen soll Lösungen bieten.
Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck, plädiert für "strikt abgestufte Altersvorgaben für soziale Medien", um den übermäßigen digitalen Medienkonsum von Minderjährigen einzuschränken.
"Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Kinder und Jugendliche, die in hohem Maße nicht altersgerechte Inhalte konsumieren, anfälliger für riskantes Suchtverhalten und problematischen Drogenkonsum werden", erklärte der CDU-Politiker der "Rheinischen Post".
Acht Stunden Mediennutzung pro Tag: Streeck spricht von "Verhaltenssucht" vieler Kinder
Streeck betonte, dass Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) eine Kommission zu diesem Thema einberufen hat. Streeck sprach von einer "Verhaltenssucht" vieler Kinder. "Wir sprechen im Durchschnitt von vier Stunden in sozialen Netzwerken, zwei Stunden mit Computerspielen und zwei Stunden mit Streamingdiensten pro Tag. Das sind besorgniserregend hohe Werte, gemessen an der Freizeit von Kindern und wie diese idealerweise für soziale, motorische und sensorische Fähigkeiten genutzt werden könnten."
Und das sei nur der Durchschnitt. "Es gibt also auch Kinder, die noch länger am Handy sitzen und man fragt sich, wann schlafen sie eigentlich?" Streeck war als Virologe in der Corona-Pandemie bekannt geworden. Trotz aller Bedenken: Viel diskutierte Handyverbote für Grundschüler sieht er kritisch. Eine solch komplexe Frage könne man nicht mit Ja oder Nein beantworten und ein Verbot löse auch das Problem nicht.
"Denn wir wollen ja, dass junge Menschen mit Medien aufwachsen und die Technologien nutzen. Sie sind schließlich aus dem Alltag im digitalen Zeitalter nicht mehr wegzudenken", gab Streeck zu bedenken. "Aber die Dosis macht das Gift." Bei der Begrenzung der Nutzung sieht er zuerst die Kinder und Jugendlichen selbst und insbesondere ihre Eltern in der Verantwortung.
42 Prozent der Zehn- bis Elfjährigen haben Tiktok-Account
"Wenn man sich anschaut, dass 42 Prozent der Zehn- bis Elfjährigen einen Tiktok-Account haben, läuft da etwas aus dem Ruder", stellte der CDU-Politiker fest. Denn eigentlich sei die Plattform ohne Zustimmung der Eltern erst ab 16 Jahren frei zugänglich und "voll von gefährlichen und bedenklichen Inhalten für Kinder".
Der Sozialverband Deutschland fordert als Reaktion auf die Probleme ein verpflichtendes Schulfach Medienkompetenz an allen weiterführenden Schulen. "Wir dürfen Kinder mit den Gefahren der digitalen Welt nicht länger alleinlassen", sagte die Verbandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Nicht alle Kinder profitieren durch eine Vorbildung im Elternhaus. Viele sind Desinformation, demokratiefeindlicher Hetze und KI-generierten Inhalten schutzlos ausgesetzt, ohne Anleitung, ohne Einordnung."