Saxophonist Klaus Kreuzeder ist gestorben

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Klaus Kreuzeder Foto: Archiv
Klaus Kreuzeder Foto: Archiv

Der gebürtige Franke Klaus Kreuzeder war eine Ausnahmeerscheinung: als Musiker, als Mensch mit Behinderung, als politischer Aktivist. Jetzt ist er im Alter von 64 Jahren nach langer Krankheit in München gestorben.

Er war eine Ausnahmeerscheinung: musikalisch und menschlich. Tapfer ging Klaus Kreuzeder mit seiner Behinderung um, die durch eine Polio-Erkrankung im ganz frühen Kindesalter entstanden war, und galt schließlich als Saxophonist von Weltrang - was sich leider sein Leben lang finanziell niemals niederschlug.
Geboren wurde Kreuzeder 1950 in Forchheim, wuchs dort und in Altdorf bei Nürnberg auf. Seinen Rollstuhl nahm er als etwas ganz Selbstverständliches an, sagte er später des Öfteren, und seine Spielkameraden akzeptierten den Apothekersohn, ein frühes Beispiel für Inklusion. Mit Zwölf bekam er sein erstes Saxophon und machte rasche Fortschritte. Klassisch ausgebildet, liebte er den Jazz. Ein Jurastudium in Erlangen hing Kreuzeder bald an den Nagel. Die Zeiten in den frühen siebziger Jahren ermunterten einen sensiblen jungen Menschen auch zum Ausstieg aus geordneten bürgerlichen Bahnen.
In der Folge von 1968 herrschte Aufbruchstimmung, politisch Radikale und Hippies suchten nach einem neuen unbürgerlichen Leben.
Dabei spielte die Musik eine wichtige Rolle. Es war die Hoch-Zeit der Rockmusik, die in alle Richtungen expandierte. Geld hatte noch nicht die alles überragende Bedeutung wie heute; viele Bands interessierte primär die Freude am Spielen, "Geld wollte man ja eher abschaffen", schreibt Kreuzeder in seiner lesenswerten Autobiografie "Glück gehabt". In Deutschland bildete sich eine Szene aus Landkommunen in damals noch billig zu erwerbenden oder mietenden oft halb verfallenen Häusern; Mechelwind bei Höchstadt an der Aisch und Sulzheim bei Schweinfurt waren die entsprechenden Stationen von Kreuzeder. "Krautrock" nannten Briten den Stil, den viele deutsche Bands dieser Zeit pflegten: Experimentierfreude, genialer Dilettantismus, Offenheit zeichnete ihn aus. So etwas wie Weltmusik entstand oder Jazzrock. Kreuzeder hatte mit der Gruppe "Aera", die es in verschiedenen Besetzungen von 1972 bis 1982 gab, beträchtlichen Anteil daran. Muck Groh von "Ihre Kinder" spielte mit, Steve Leistner von "Wind", ein Ausnahmemusiker wie Roman Bunka. Und Kreuzeder an diversen Saxophonen und dem "Lyricon", einem elektronischen Blasinstrument.
Die Neue Deutsche Welle machte der künstlerisch auf beachtlichem Niveau spielenden Band den Garaus. Kreuzeder musste von Neuem beginnen. Jahrelang schlug er sich in München als Straßenmusiker durch, bis es langsam wieder aufwärts ging. In diversen Zweierformationen mit Musikern wie Franz Benton oder Willi Herzinger spielte er seine Musik an der Schnittstelle von Soul, Jazz und Pop. Höhepunkte seiner Karriere waren Auftritte mit Al Jarreau, Stevie Wonder, Sting oder Gianna Nannini.
Daneben engagierte sich der sein Leben lang von Krankheiten geplagte Mann in der Behindertenbewegung, wurde von den Grünen als Mitglied der Bundesversammlung nominiert und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Seine Tapferkeit, seine menschliche Größe fanden auch Niederschlag im Dokumentarfilm. Das sogenannte Postpoliosyndrom und eine Krebserkrankung zwangen ihn vor einigen Jahren, das Musizieren gänzlich aufzugeben. Am Montag ist Klaus Kreuzeder in seiner Münchner Wohnung gestorben.