Wer bekommt noch Gas, wenn Russland nicht mehr genug liefert? Die Regeln sind eigentlich klar: Kritische Infrastruktur und Privathaushalte haben Vorrang. Doch Wirtschaftsminister Habeck macht klar: Auch Verbraucher müssen sich einschränken.
Was tun, wenn das Gas knapp wird? Diese Frage beschäftigt Menschen in ganz Europa derzeit. Insbesondere aber auch den deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Der befindet sich nämlich in einem Dilemma: Ein Gasausfall würde nicht nur Privathaushate, sondern auch die Industrie und die deutsche Wirtschaft insgesamt treffen und massiv schwächen. In einigen Fällen, beispielsweise in der Glasherstellung, würde ein Ausfall sogar einen monate- oder jahrelangen Produktionsstopp nach sich ziehen.
Im Falle einer Gasmangellage müssen aus Sicht des Bundeswirtschaftsministeriums deshalb alle Verbraucher Beiträge zum Energiesparen leisten. Dies habe Minister Robert Habeck (Grüne) deutlich gemacht, sagte eine Sprecherin am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
Auch private Verbraucher sollen Gas sparen
Eigentlich definiere eine europäische Verordnung, auf der der deutsche Notfallplan Gas basiert, Privathaushalte als geschützte Kunden. Prinzipiell gelte diese Vorgabe auch, so die Sprecherin. "Das heißt Kindergärten, Krankenhäuser, private Verbraucher sind geschützte Verbraucher und diese werden auch im Fall einer Gasmangellage weiter versorgt und beliefert und nicht abgeschaltet." Klar sei aber auch, "dass im Fall einer Gasmangellage alle Verbraucher einen Beitrag zum Energiesparen leisten müssen." Dafür brauche es dann auch Standards zum Energiesparen.
Habeck hatte am Dienstag in Wien deutlich gemacht, dass er auf europäischer Ebene Handlungsbedarf sieht. Die europäische Verordnung sehe den Schutz von kritischer Infrastruktur und Verbrauchern vor, aber nicht den von Wirtschaft und Industrie. Das ergebe nur Sinn bei einer kurzfristigen Störung, sagte Habeck. "Das ist aber nicht das Szenario, das wir jetzt haben." Es gelte, die Folgen einer langfristigen Unterbrechung von industrieller Produktion zu berücksichtigen. Es gehe darum, wie private Kunden einen Beitrag leisten könnten zur Einsparung von Gas.
Über das Energiesicherungsgesetz könnte die Bundesregierung Verordnungen zur Energieeinsparung erlassen. Dabei könnte es zum Beispiel darum gehen, Vorgaben zu Mindesttemperaturen beim Heizen abzusenken.
Krisenpläne in Städten und Kommunen
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken betonte den Vorrang vor Privathaushalten vor der Industrie. "Privathaushalte und systemrelevante Einrichtungen müssen in einer Gasmangellage ganz klar eine Priorität haben", sagte sie der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Mittwoch). "Das ist auch so im Gas-Notfallplan festgeschrieben, Privathaushalte und soziale Einrichtungen sind dort besonders geschützt. Für mich zählen Schulen ebenso dazu."
Angesichts einer möglicherweise drohenden Energie-Knappheit im Winter arbeiten die Städte und Landkreise an Krisenplänen. Gleichzeitig prüfen sie Maßnahmen zum Einsparen von Gas, die jetzt schon umgesetzt werden sollen. "Klar ist dabei: Niemand soll im Winter frieren müssen", sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Verena Göppert, der Deutschen Presse-Agentur.