Wer entscheidet über die Nachfolge von Lagarde?
Die Besetzung der EZB-Spitzenposten ist Teil eines Brüsseler Personalpokers. Die Entscheidung liegt bei den Eurostaaten. Noch vor Lagarde wird EZB-Vize Luis de Guindos die Zentralbank verlassen: Sein Mandat läuft Ende Mai 2026 aus. EZB-Chefvolkswirt Philip R. Lane geht ein Jahr später.
Die Lagarde-Nachfolge dürfte daher Teil eines größeren Personalpaketes werden. Üblicherweise achten die Verhandler darauf, dass es ein Gleichgewicht von kleinen und großen, südlichen und nördlichen Euroländern gibt. Das gilt auch für das Verhältnis von Befürwortern einer harten Geldpolitik («Falken») und den Verfechtern eines eher lockeren Kurses («Tauben»). Mitte 2029 endet zudem die Amtszeit von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Auch das dürfte im Ringen um die Spitzenposten eine Rolle spielen.
Wie geht es mit den Zinsen im Euroraum weiter?
Hier ist wenig Bewegung zu erwarten. «Die Zinssenkungen der EZB sind abgeschlossen, und die Geldpolitik wird keine zusätzlichen expansiven Impulse mehr setzen», prognostizierte Robin Winkler, Chefvolkswirt Deutschland bei der Deutschen Bank, schon vor der jüngsten Sitzung des EZB-Rates - und so kam es auch: Zum vierten Mal in Folge tastete die Notenbank die Leitzinsen nicht an, der für Sparer und Banken relevante Einlagenzins bleibt bei 2,0 Prozent.
Michael Heise, Chefökonom beim Vermögensverwalter HQ Trust, glaubt: «Stabilität dürfte zum neuen Credo der Zinspolitik 2026 werden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Einlagensatz von 2,0 Prozent auch am Jahresende 2026 noch gültig ist.»
In der Tat scheint die Neigung, die Leitzinsen weiter zu senken, gering. Immer wieder betonte EZB-Präsidentin Lagarde, die Geldpolitik sei derzeit «gut aufgestellt». EZB-Direktorin Schnabel sprach sich in einem Interview für wieder steigende Leitzinsen aus. Sie sei «durchaus einverstanden» mit der Erwartung der Märkte, «dass der nächste Zinsschritt eine Anhebung sein wird, wenn auch nicht in naher Zukunft».
Wie steht es um die Wirtschaft im Euroraum?
Entgegen düsterer Prognosen hält sich die Wirtschaft im Euroraum trotz des Zollstreits mit den USA robust. Im dritten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent zu, getragen von einstigen Krisenländern wie Spanien und Portugal sowie Frankreich, während Deutschland schwächelt. Ihre Prognosen für das Wachstum hob die EZB an: Nach 1,4 Prozent Plus im laufenden Jahr traut sie dem Euroraum 2026 ein Plus von 1,2 Prozent zu.
Hat die EZB die Inflation im Griff?
Die nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine ausgeuferte Inflation ist eingedämmt. Im November des laufenden Jahres lag die Teuerungsrate im Euroraum nach jüngsten Eurostat-Angaben bei 2,1 Prozent. Wichtigste Aufgabe der EZB ist es, für einen stabilen Euro zu sorgen und so die Kaufkraft der Menschen zu erhalten. Das Ziel sieht die EZB bei einer Inflationsrate von mittelfristig 2,0 Prozent erreicht. 2025 wird diese Marke nach Schätzung der EZB mit 2,1 Prozent noch leicht überschritten, im kommenden Jahr könnte die Inflation dann mit 1,9 Prozent darunter liegen.
Was heißt das alles für Sparer?
Die Tages- und Festgeldzinsen sind vergleichsweise niedrig. In der Regel können Anleger nicht die Inflation ausgleichen, die in Deutschland im November bei 2,3 Prozent lag. Ersparnisse verlieren daher an Wert.
Was sind die Folgen für Hausbauer und Immobilienkäufer?
Die Kreditzinsen hängen nicht direkt von den EZB-Leitzinsen ab, sondern orientieren sich an der Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen. Da Investoren mit den Milliardenausgaben für Infrastruktur und Verteidigung eine steigende Staatsverschuldung in Deutschland erwarten, haben die Renditen dieser Papiere angezogen. In der Folge herrscht bei den Bauzinsen Aufwärtsdruck.