Vor allem Linke hatte gezittert
Vertreter aller Parteien im Bundestag begrüßten, dass nun Klarheit herrsche. Nur die AfD kommentierte: «Für uns steht fest, dass nur eine vollständige Wiederholung die massiven Mängel des Wahltags beheben kann.» Insbesondere die Linke äußerte sich erleichtert. «Mit dem Urteil ist klar, dass wir im Bundestag bleiben und unsere Aufgabe als soziale Opposition weiter wahrnehmen werden», sagte der frühere Fraktionschef Dietmar Bartsch der Deutschen Presse-Agentur.
Die Teilwiederholung könne den Ausgang in den beiden Wahlkreisen nicht verändern, in denen die Linke Direktmandate gewonnen habe, sagte Bartsch. Nur dank dreier Direktmandate konnte die Partei in den Bundestag ziehen, weil sie insgesamt unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben war. Das dritte Direktmandat erzielte sie in Leipzig.
Aus Sicht von SPD-Chefin Saskia Esken stärkt das Urteil das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler in die Bedeutung ihrer Stimme. Es müsse gewährleistet sein, dass so eine Wahl ohne Fehler ablaufe und richtig ausgezählt werde, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
Die Bundestagsabgeordneten Till Steffen (Grüne) und Patrick Schnieder (CDU) brachten in Karlsruhe eine Reform der Abläufe ins Gespräch. Das zweistufige Verfahren, in dem zunächst der Bundestag und erst danach das Verfassungsgericht eine Wahl prüft, dauere zu lang.
Die CDU kündigte unterdessen an, die Teilwiederholung zu einer Abstimmung über den Kurs der Koalition aus SPD, Grünen und FDP machen zu wollen. «Wir möchten der Ampel-Regierung ein Stoppschild zeigen, dass das so nicht weitergehen kann», sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Dienstag in Berlin. Deutschland könne nicht zwei Jahre in dieser Form weiter regiert werden. «Die Berlinerinnen und Berliner haben jetzt die Chance, dieses auch deutlich zu machen.»
Unterschiede zur Abgeordnetenhauswahl
Wegen der Pannen am 26. September 2021 hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof die Wahl zum Abgeordnetenhaus wegen «schwerer systemischer Mängel» und zahlreicher Wahlfehler für ungültig erklärt. Diese Wahl wurde am 12. Februar 2023 komplett wiederholt - mit dem Ergebnis, dass eine schwarz-rote Koalition das Dreierbündnis von SPD, Grünen und Linken ablöste, das seit 2016 regiert hatte.
Dass das Bundesverfassungsgericht für die Bundestagswahl keine vollständige Wiederholung anordnete, erklärte König mit unterschiedlichen Rechtsgrundlagen der Konstituierung verschiedener Parlamente. Dabei seien bei den Landeswahlen Wahlfehler wie die Verwendung kopierter Stimmzettel aufgetreten, die bei der Bundestagswahl nicht feststellbar gewesen seien, erläuterte sie.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner sieht die zweite Wahlwiederholung in seiner Stadt binnen kurzer Zeit als «große Kraftanstrengung». Er habe volles Vertrauen in Landeswahlleiter Bröchler, dass die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl reibungslos ablaufen werde, erklärte der CDU-Politiker. Bröchler selbst erklärte noch im Sitzungssaal: «Also bei uns beginnen sozusagen jetzt die Umsetzungsschritte für die Wiederholungswahl, für die erfolgreiche Wiederholungswahl - das ist unser Ziel.»