Diese Lücke ist nun durch Kompromisse der Bundesregierung größer geworden. Konkret geht es im Jahr 2027 um eine Lücke von 34,3 Milliarden Euro, im Jahr 2028 um einen «Handlungsbedarf» von 63,8 Milliarden und im Jahr 2029 um eine Lücke von 74 Milliarden.
Die Gründe für die größeren Löcher: Zum einen geht es um milliardenschwere Kompensationen für Steuerausfälle von Ländern und Kommunen durch einen bereits beschlossenen «Wachstumsbooster» von Bund und Ländern – mit steuerlichen Entlastungen von Firmen soll die Wirtschaft angekurbelt werden.
Dazu kommt die Entscheidung von CDU, CSU und SPD, dass die Ausweitung der Mütterrente schon zum 1. Januar 2027 wirken soll und damit ein Jahr früher als zunächst geplant. Die Bundesregierung plant zudem eine Unterstützung bei finanziellen Hilfen für kommunale Altschulden. Außerdem muss der Bund deutlich mehr Geld für Zinsausgaben zahlen.
Bundestag und Bundesrat hatten ein insgesamt 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz beschlossen. Davon gehen 100 Milliarden an die Länder. Beim Stopfen der Haushaltslöcher nützt das Geld aber nur bedingt, denn es soll sich um zusätzliche Investitionen handeln – auch wenn vor allem die Grünen einen großen «Verschiebebahnhof» vom Sondervermögen in den regulären Haushalt sehen.
Koalition setzt auf mehr Wachstum
Deutschland droht das dritte Jahr in Folge ohne Wirtschaftswachstum – das hat spürbar auf die Einnahmen gedrückt. Die Bundesregierung setzt vor allem darauf, dass die Konjunktur anspringt und es mehr Steuereinnahmen gibt. Geplant sind auch Reformen, so sollen Planungsverfahren schneller werden. In den kommenden Jahren werde der Fokus der Bundesregierung verstärkt auf der Konsolidierung liegen, hieß es.
In Regierungskreisen wurde auf geplante Einsparungen beim Bundespersonal und Verwaltungsausgaben verwiesen. Zudem hieß es, Ressorts müssten verstehen, wie schwierig und herausfordernd die Lage sei. Hintergrund: Bei den Etatplanungen sah sich Klingbeil mit Wünschen seiner Kabinettskolleginnen und -kollegen nach Milliarden-Mehrausgaben konfrontiert. Ein Beispiel ist der Verkehrsetat.
Einsparungen geplant
Der Unions-Chefhaushälter Christian Haase (CDU) sagte, die Koalition habe sich auf eine Vielzahl von Maßnahmen verständigt, bei denen die Ausgaben auf den Prüfstand gestellt werden sollten.
Einsparungen soll es laut Regierungsentwurf für den Haushalt 2026 etwa bei Entwicklungsausgaben geben. Einsparungen zeichnen sich auch bei der Heizungsförderung ab: so soll es im Klima- und Transformationsfonds – einem Sondertopf neben dem Kernhaushalt – deutlich weniger Geld für Klimaschutz im Gebäudebereich geben.
Vorhaben finanzierbar?
Fraglich ist, ob die Bundesregierung im Koalitionsvertrag angekündigte Vorhaben finanzieren kann – Maßnahmen stehen generell unter Finanzierungsvorbehalt. Erarbeitet werden müssten finanzielle Spielräume zum Beispiel für eine Stromsteuersenkung für alle Unternehmen sowie für private Haushalte.
Im Koalitionsvertrag heißt es zudem, die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen solle zur Mitte der Legislatur gesenkt werden – das würde viele Milliarden kosten.
Reform der Schuldenbremse ist umstritten
Kontroverse Debatten innerhalb der Bundesregierung dürfte es über eine generelle Reform der Schuldenbremse im Grundgesetz geben. Eine Expertenkommission soll dazu Vorschläge machen.
Klingbeil sagte, es brauche eine kluge Modernisierung, die dauerhafte Handlungsspielräume für Investitionen und auch eine Begrenzung der Schuldenlast sicherstelle. Die Union dämpfte aber bereits Erwartungen an weitreichende Lockerungen.
Bartsch: Kernschmelze des Sozialstaats droht
Eine Reform der Sozialsysteme solle eine wichtige Rolle auch bei der Konsolidierung des Haushalts spielen, hieß es aus Regierungskreisen. Denn etwa der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung steigt weiter.
Einsparungen bringen soll eine Reform des Bürgergelds mit dem Ziel, mehr Bürgergeld-Empfänger in den Arbeitsmarkt zu bringen. Konflikte innerhalb der Koalition, etwa in der Rentenpolitik, sind aber vorprogrammiert.
Der Linke-Abgeordnete Dietmar Bartsch sagte mit Blick auf die Haushaltslöcher, Klingbeil drohe nach wenigen Monaten im Amt die Kontrolle zu verlieren. Hielten er und Kanzler Friedrich Merz (CDU) an den «maßlosen Aufrüstungsplänen» fest, drohe eine Kernschmelze des Sozialstaats.