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Lumumba: Ist der Weihnachtsmarkt-Klassiker rassistisch? Debatte um Getränk


Autor: Teresa Hirschberg

Deutschland, Freitag, 08. Dezember 2023

Neben Glühwein ist "Lumumba" auf deutschen Weihnachtsmärkten ein beliebtes Heißgetränk. Doch eine Grünen-Politikerin hat nun eine Diskussion um den Namen neu entfacht, der ihrer Ansicht nach rassistisch ist. Mit dem Ausmaß der Reaktionen habe sie nicht gerechnet.


Glühwein, gebrannte Mandeln, Käsespätzle und Rostbratwürste sind kulinarische Klassiker auf dem Weihnachtsmarkt. Um ein anderes beliebtes Getränk ist nun aber eine politische Debatte entbrannt: Eine Grünen-Politikerin bezeichnet Lumumba als rassistisch. Unter ihrem Post haben sich bereits tausende Kommentare angesammelt – und die Meinungen gehen in eine eindeutige Richtung.

Doch was steckt genau hinter dem Vorwurf? Annalena Schmidt, Historikerin und ehemalige Grünen-Stadträtin in Bautzen, postete am Samstag (2. Dezember 2023) auf ihrer X-Seite (ehemals Twitter): "Da gerade Weihnachtsmärkte starten und Kakao mit Rum als 'Lumumba' verkauft wird: Die Bezeichnung des Getränks ist rassistisch! Patrice Lumumba steht für die Unabhängigkeitsbewegung in Afrika! Er wurde erschossen! Und ihr benennt 'Kakao mit Schuss' nach ihm!"

Debatte um Kakao-Getränk "Lumumba": Ist der Name rassistisch?

Patrice Émery Lumumba war von Juni bis September 1960 der erste Premierminister des unabhängigen Kongo. Er spielte eine wichtige Rolle in der politischen Entwicklung des Landes und dabei, sich von der belgischen Kolonialherrschaft zu lösen. 1961 wurde er jedoch auf Anweisung des Diktators Mobutu von einem Erschießungskommando ermordet.

Das gleichnamige Getränk besteht aus Kakao, enthält einen Schuss Rum und wird häufig mit einem Häubchen Schlagsahne serviert. Ob das Mischgetränk aber tatsächlich nach dem getöteten Politiker benannt wurde, darüber werden sich auch Historiker nicht einig. Kritiker sehen in dem Namen eine rassistische Assoziation zwischen der Farbe des Kakaos und Patrice Lumumbas Hautfarbe. Auf der politisch linken Seite wurde in der Vergangenheit dagegen betont, den getöteten Politiker mit dem Getränk würdigen zu wollen.

Annalena Schmidt machte ihren Standpunkt mit ihrem Tweet deutlich. Nachvollziehen können das in der Kommentarspalte aber nur die wenigsten Twitter-Nutzer. Dort heißt es beispielsweise: "Weil er erschossen wurde, ist das rassistisch? Da fällt mir jetzt auch nichts mehr ein. Außer, dass ich es wunderbar finde, ein Getränk nach einem bedeutenden Mann zu benennen."

Andere Nutzer zählen weitere Namen auf, die dieser Logik zufolge ebenfalls politisch unkorrekt sein müssten: "Ist 'Bismarckhering' auch problematisch? 'Er hat das Deutsche Reich gegründet! Und Ihr benennt Heringe nach ihm!'" Oder: "Trifft das auch auf den Shirley-Temple-Cocktail zu? Und die Bloody Mary? Ist der Negroni-Cocktail betroffen? Der auf den Namen Hemingway getaufte?" Ein weiterer Nutzer argumentiert folgendermaßen: "Scheinbar gibt es auch Menschen, die die Unabhängigkeitsbewegung in Afrika unter den Tisch kehren wollen. Interessant. Ich trinke den Lumumba ja, um diesen tollen Mann zu ehren."

Twitter-Diskussion artet aus: Politikerin berichtet von Drohungen

Viele der Kommentare sind aber auch beleidigende und komplett unsachliche Verbalattacken gegen die Politikerin. Vereinzelt bedanken sich auch Nutzer bei ihr für den informativen Tweet. Dabei ist Schmidt nicht die Erste, die den Rassismus-Vorwurf anbringt. Der aus Kamerun stammende Journalist und Medienkritiker Simon Inou kritisierte den Namen des Getränks schon 2011 öffentlich.

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Tahir Della betonte im vergangenen Jahr in einem Interview mit dem WDR, dass weiße Menschen nicht in der Position seien, um einzuschätzen, was dunkelhäutige Menschen als Rassismus auffassen könnten und was nicht. "Die Fremdbezeichnung und die Bezeichnung für Nahrungsmittel wie Getränke machen zum Ausdruck, dass schwarze Menschen zu Objekten degradiert werden", erklärte der Sprecher der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland.

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In nachfolgenden Posts berichtet Annalena Schmidt, dass sie nach ihrem Post etliche anonyme Anrufe und sogar Drohungen erhalten habe. Zeitweise habe sie ihren Account zum Selbstschutz auf privat umstellen müssen. Am Dienstag (5. Dezember) schrieb sie: "Uff ... Die letzten Tage waren nicht einfach. Ich bin mittlerweile (wieder) froh, dass ich den #Lumumba-Tweet gemacht habe, allerdings war das Ausmaß der Diskussion überraschend!"

Wer die Bezeichnung "Lumumba" für das Getränk als unangebracht empfindet, kann alternativ auch die in Norddeutschland gebräuchliche Alternative "Tote Tante" nutzen. Oder auf dem Weihnachtsmarkt einfach eine heiße Schokolade mit Schuss und Sahne bestellen.