Kommentar: LGBTQ-Community gehört zu unserer Gesellschaft

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Ein Kommentar von Jessica Becker
Die Bildkombo zeigt verschiedene Ampelmännchen in München. Zum diesjährigen CSD am 11. Juli in München werden schwule, lesbische und heterosexuelle Paarmotive an einigen zentral gelegenen Ampeln ...
Die Bildkombo zeigt verschiedene Ampelmännchen in München. Zum diesjährigen CSD am 11. Juli in München werden schwule, lesbische und heterosexuelle Paarmotive an einigen zentral gelegenen Ampeln aufleuchten. Foto: Sven Hoppe/dpa

Die LGBTQ+ Community ist einmal mehr in den Schlagzeilen. 125 Mitarbeitende der katholischen Kirche haben sich geoutet. Doch warum ist das in der heutigen Gesellschaft, die so modern sein möchte, überhaupt noch notwendig?

Was ist schon normal? Diese Frage könnten wir uns täglich stellen und diese Frage steht auch im Fokus diverser Debatten über die LGBTQ+-Community. Derzeit wird in nahezu sämtlichen Medien wieder über queere Menschen diskutiert, nachdem sich 125 Mitarbeitende der katholischen Kirche öffentlich geoutet haben. Daraus resultierte sehr schnell die Frage, ob diese Beschäftigten nun Angst um ihren Arbeitsplatz haben müssen – womöglich im schlimmsten Fall durch die Hintertür.

Doch warum zeigen wir eigentlich alle mit dem Finger auf die katholische Kirche? Sicherlich ist die Glaubensgemeinschaft nicht gerade ein Paradebeispiel für Toleranz von LGBTQ+ und es gibt genügend Beispiele, die das beweisen. So hatte der Vatikan ein Segnungsverbot für homosexuelle Paare verhängt. Auf der anderen Seite standen jedoch zahlreiche Priester in Deutschland, die sich darüber hinweggesetzt haben, eine Petition unterschrieben und trotzdem schwule und lesbische Paare segneten.

In Deutschland outen sich die Wenigsten bedenkenlos

Sind durch die ARD-Dokumentation plötzlich alle Menschen zu Allys der LGBTQ+-Community geworden? Das scheint eher unwahrscheinlich. So trauen sich doch beispielsweise Profi-Fußballer nicht, sich zu outen. Die meisten erinnern sich vermutlich noch an das Outing von Thomas Hitzlsperger 2014. Ein Aufschrei - positiv wie negativ - ging durch die Fußballwelt.

Jetzt könnten man sagen: „Das ist doch schon ewig her!“, aber gab es in der Zwischenzeit weitere Coming-outs deutscher Profis? Nein! Zumindest nicht im Herrenfußball der Bundesliga in Deutschland. Zuletzt hat das Outing eines australischen Profis weltweit Schlagzeilen gemacht. Doch in der Bundesliga sehen wir nur wenig Bewegung. In seinem Buch rät Ex-Profi Phillip Lahm sogar von einem Coming-out ab. Bei den Damen ist es hingegen nichts Außergewöhnliches, wenn sich Fußballerinnen als queer outen. Bestes Beispiel sind wohl Steffi Jones oder Torhüterin Nadine Angerer.

Weg von den Profis, rein in den Alltag: Wie vielen Menschen wurde ihr Coming-out von der Gesellschaft zum Höllentrip gemacht? Zahlreiche Beiträge in sozialen Medien und Berichte aus dem Bekanntenkreis sprechen dafür. Da ist ein Vater in einer Bilderbuchfamilie, der sich immer hinter der Fassade versteckte, bis er es nicht mehr ausgehalten hat. Sein Mut wird mit bösen Nachrichten und abwertenden Blicken gewürdigt. Oder eine non-binäre Person, die sich als Anrede die Neo-Pronomen xie/xier wünscht und dafür durch den Kakao gezogen wird. 

Jede*r sollte sich an die eigene Nase fassen

Wie sollen Menschen ermutigt werden, sich zu outen? Abgesehen davon, dass ein Outing in unserer Gesellschaft nicht mehr nötig sein sollte, weil queer zu sein so toleriert werden sollte, wie heterosexuell zu sein. Solange mit „Schwuchtel“, „Kampflesbe“ oder ähnlichen Begriffen andere beleidigt werden, solange wird sich wohl auch gesellschaftlich nichts ändern. Denn das ist ein Beispiel dafür, dass Menschen, die sich als Teil der LGBTQ+-Community bekennen, nicht akzeptiert werden und ins Lächerliche gezogen werden.

Am Ende sollten wir uns alle eingestehen, dass uns mehr Toleranz gutstehen würde. Schließlich sollte sich jede*r zuerst an die eigene Nase fassen, bevor man auf andere zeigt. Es bleibt die Frage: Was ist schon normal?