Die seit Montag vermisste achtjährige Kardelen aus Paderborn ist einem Sexualverbrechen zum Opfer gefallen. Das Kind wurde erstickt und sexuell missbraucht. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft nach der gerichtsmedizinischen Untersuchung der Leiche am Freitag mit.
Laut Polizei gibt es weder einen Tatverdächtigen noch eine heiße Spur. Eine über 50-köpfige Mordkommission ermittelt. Aus der Bevölkerung gingen mehr als 300 Hinweise ein.
Die ermordete Achtjährige war am Donnerstag am etwa 60 Kilometer von Paderborn entfernten Möhnesee im Sauerland von Spürhunden der Polizei in einer Tannenschonung entdeckt worden. Die nackte Leiche war unter Tannenzweigen versteckt. Ob der Fundort auch der Tatort ist, war zunächst unklar, ebenso wie der Todeszeitpunkt. Bereits am Vortag waren Kleider von Kardelen in der Nähe der Talsperre gefunden worden. Daraufhin wurde das weitläufige Areal an dem Stausee akribisch von Polizisten abgesucht und schließlich die Leiche entdeckt.
Sowohl in Paderborn als auch am Möhnesee verstärkte die Polizei die Ermittlungen, als es die traurige Gewissheit gab, dass die verschwundene Grundschülerin getötet wurde. Unter anderem kamen speziell ausgebildete Spürhunde zum Einsatz, die auch nach Tagen noch Fährten wittern können.
„Die schlimmsten Befürchtungen, die wir hatten, haben sich bestätigt“, sagte Oberstaatsanwalt Ralph Vetter am Freitag bei einer kurzen Pressekonferenz. An dem Fall arbeiten neben der Mordkommission auch Kriminaltechniker des Landeskriminalamtes (LKA) an „zahlreichen Spuren“. LKA-Fallanalytiker sind eingeschaltet. „Sie beleuchten auch Zusammenhänge mit anderen Fällen“, berichtete die Polizei.
Angaben über genetische Spuren oder über Zeichen der Abwehr machte die Polizei nicht. Manches werde „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht gesagt. Als eine „wichtige Spur“ wertete der ermittelnde Staatsanwalt Vetter die Beobachtung eines Anglers, der auf der Staumauer der Möhnesee-Talsperre ein Kind in rosafarbener Jacke - wie sie Kardelen getragen hatte - gesehen hatte. Ein Hund, der dann später die Leiche des Kindes aufspürte, habe schon auf der Staumauer reagiert und angefangen zu ziehen, berichtete zudem eine Polizei- Hundeführerin.
Mit einer Trauerfeier verabschiedete sich unter großer Anteilnahme die Bevölkerung in Paderborn von Kardelen. Die Feier wurde nach islamischem Ritus von einem Imam unter freiem Himmel geleitet. Der Platz in der Moschee reichte für die vielen Trauernden nicht aus.
Der Sarg mit der Leiche des kleinen Mädchens wurde am Freitagmittag zum Düsseldorfer Flughafen gebracht. Von dort sollte er in die Türkei geflogen werden.
Das Mädchen war am Montagnachmittag vom Spielen nicht mehr nach Hause gekommen und wurde seitdem vermisst. Zwei Tage darauf hatten zwei Spaziergängerinnen am Möhnesee im Sauerland die auffällige Kleidung Kardelens gefunden, darunter einen pinkfarbenen Anorak. Die Kleidungsstücke waren wahrscheinlich aus einem fahrenden Auto geworfen worden.