Tchibo wirft Aldi Süd vor, Kaffee zu preiswert zu verkaufen. In erster Instanz scheiterte der Kaffeeröster mit seiner Klage. Nun prüft das Oberlandesgericht Düsseldorf den Fall. Worum geht es genau?
Wie günstig darf Kaffee sein? Diese Frage beschäftigt den 6. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Anlass ist eine Unterlassungsklage von Tchibo gegen Aldi Süd. Der Hamburger Kaffeeröster wirft dem Lebensmitteldiscounter vor, seit Ende 2023 regelmäßig Kaffees seiner Eigenmarke Barissimo unter den Herstellungskosten angeboten zu haben - und damit zu billig. Tchibo will dem Konkurrenten dies verbieten lassen.
Der Prozess hat an diesem Dienstag begonnen. Am 13. Januar wollen die Richter ihre Entscheidung bekanntgeben. In erster Instanz war Tchibo gescheitert und daraufhin in Berufung gegangen.
Nach der mündlichen Verhandlung zeigte sich der Kaffeeröster wenig zuversichtlich. Das Gericht habe erkennen lassen, dass es in seinem noch ausstehenden Urteil die Entscheidung der Vorinstanz wohl bestätigen werde, sagte ein Sprecher. «Wir bedauern, dass das Oberlandesgericht zu dieser Auffassung neigt.» Tchibo kritisiert, der Discounter verstoße gegen das Gesetz. Sein Vorgehen bei den Kaffeepreisen schade sowohl dem Wettbewerb als auch den Verbrauchern. Aldi Süd wollte sich auf Nachfrage zum laufenden Verfahren nicht äußern.
Discounter lässt Kaffee selbst produzieren
Die Richter des Landgerichts Düsseldorf hatten die Klage im Januar abgewiesen. Das Vorgehen von Aldi Süd sei kaufmännisch vertretbar, hieß es damals. Es liege keine Gefahr vor, dass der Wettbewerb beeinträchtigt werde. Auch sei keine Absicht erkennbar, andere Unternehmen vom Markt zu verdrängen.
Rupprecht Podszun, Professor für Kartellrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, ordnet den Fall so ein: «Niedrige Preise sind genau das, was Wettbewerb erreichen soll.» Problematisch würden sie erst, wenn damit Konkurrenten dauerhaft vom Markt verdrängt werden sollten, um anschließend die Preise für das eigene Produkt zu erhöhen.
Laut Tchibo hat Aldi Süd bestimmte Kaffeesorten zeitweise mit erheblichen Verlusten verkauft - von zwei Euro pro Kilo und mehr ist die Rede. Der Discounter lässt den eigenen Kaffee von seiner Tochter New Coffee produzieren.
Experte: Handelsketten längst keine reinen Verkäufer mehr
Aus Sicht von Podszun zeigt der Fall beispielhaft die sich verändernden Machtverhältnisse in der Branche. «Die großen Lebensmittelhändler, die den Markt beherrschen, dringen immer tiefer in die Herstellung ein.» Handelsketten wie Aldi seien längst keine reinen Verkäufer mehr. Sie entwickelten sich zu Lebensmittelkonzernen und übernähmen mit Eigenmarken und eigenen Produktionsstätten zunehmend größere Teile der Wertschöpfung.