NDR setzt "Klar"-Moderatorin Julia Ruhs ab - heftige Reaktionen: "ein Armutszeugnis"
Autor: Agentur dpa, Redaktion
Deutschland, Donnerstag, 18. Sept. 2025
Nach nur drei Pilotfolgen soll Moderatorin Julia Ruhs nicht mehr bei "Klar" vor der Kamera stehen - jedenfalls nicht beim NDR. Kritik an der Entscheidung kommt unter anderem von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder - und von der Betroffenen selbst.
Die Journalistin Julia Ruhs wird künftig nur noch beim Bayerischen Rundfunk (BR) das Format "Klar" moderieren, beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) hingegen nicht mehr. Die Entscheidung des NDR rief deutliche Kritik hervor. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach von einem "extrem schlechten Signal". Ähnlich äußerte sich Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU). Der NDR nannte zunächst keine Begründung für seine Entscheidung.
Eine Sprecherin des Senders ging in der Nacht zum Donnerstag lediglich auf die Bedeutung der Sendung ein: "Dem NDR ist Perspektivenvielfalt im Programm wichtig. Deswegen hat der Sender das Format "Klar" entwickelt und gemeinsam mit dem Bayerischen Rundfunk ins Leben gerufen", teilte sie der Deutschen Presse-Agentur mit. NDR und BR wollen der Sprecherin zufolge das Format im kommenden Jahr fortführen und mit höherer Folgenzahl ausbauen - mit mehreren Moderatoren und damit mehreren Perspektiven.
"Klar"-Moderatorin Julia Ruhs abgesetzt - Söder schaltet sich in Debatte ein
Deutliche Worte fand Günther für die NDR-Entscheidung, Ruhs nicht mehr bei "Klar" einzusetzen. Es sei "ein extrem schlechtes Signal", nach nur drei Pilotprojekten auf sie zu verzichten. Söder schrieb bei X: "Das ist kein gutes Signal für die Meinungsfreiheit, Pluralität und Toleranz im öffentlich-rechtlichen NDR." Konservative Stimmen gehörten zum demokratischen Meinungsspektrum, "auch wenn das einigen Linken nicht gefällt".
Günther äußerte sich am Mittwoch bei einer Veranstaltung der Hermann Ehlers Akademie, wo Ruhs auch ihr neues Buch "Links-grüne Meinungsmacht - Die Spaltung unseres Landes" vorstellte. Günther war eigentlich als Gast einer Festveranstaltung anlässlich des NDR-Intendantenwechsels von Joachim Knuth zu Hendrik Lünenborg angekündigt, nahm daran jedoch nicht teil. Zu den Gründen dafür wurde offiziell nichts bekannt. Eine der Moderatorinnen des Abends, Caren Miosga, führte terminliche Gründe an. Unionsfraktionschef Jens Spahn kritisierte die Entscheidung des NDR als "sehr problematisch". Auf der Plattform X schrieb er, dass Meinungsvielfalt eines der Hauptaufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei. "Wird diese Freiheit eingeschränkt, ist der gebührenfinanzierte Rundfunk nicht mehr in der Lage, die Probleme unserer Gesellschaft anzusprechen und bekommt ein Rechtfertigungsproblem."
Die drei Pilotfolgen von "Klar" liefen im April, Juni und Juli in Kooperation von NDR und BR. Für 2026 sind weitere Ausgaben geplant. Die Sendung, die unregelmäßig ausgestrahlt wird, soll Streitfragen aufgreifen, die in der Mitte der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, und verschiedene Perspektiven dazu zeigen.
Kontroverse "Klar"-Sendung über Migration
Die Sendung stieß in der Vergangenheit mehrfach auf Kritik. So äußerten sich etwa der ZDF-Moderator Jan Böhmermann und Journalistin Anja Reschke öffentlich zu einzelnen Inhalten. Besonders die Auftaktsendung zur Migration sorgte für Aufsehen - Ruhs hatte dort unter anderem über Gewalt im Zusammenhang mit Einwanderung berichtet.
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Wer die Ausgaben des NDR künftig präsentieren soll, stehe noch nicht fest. Ruhs bleibt dagegen Teil des Moderationsteams für die Folgen, die der BR produziert. Das teilten NDR und BR gemeinsam mit.