Die Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit für alle Einbürgerungswilligen beurteilten 43 Prozent der Bevölkerung positiv, 37 Prozent fanden das schlecht. Jeder Fünfte äußerte sich zu diesem Teil der geplanten Reform weder positiv noch negativ.
Grundsätzliche Bedenken
Jannes Jacobsen, einer der Autoren der Studie, meldet grundsätzliche Bedenken an. «Es ist fraglich, ob die geplante Reform die bestehenden Lücken schließen kann», sagt er. Sie könne in einigen Fällen schneller zum deutschen Pass führen – in anderen die Hürden aber auch erhöhen. Beispielsweise würde der Kreis derjenigen, die bei besonderen Härten auch dann nach Ermessen eingebürgert werden können, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, kleiner, sollte der Entwurf in der aktuellen Form beschlossen werden.
Zu den wenigen Ausnahmen, die es hier auch in Zukunft noch geben soll, zählen die ehemaligen Gast- oder Vertragsarbeiter. Unter ihnen sind etliche - vor allem Frauen - die aufgrund langjähriger Beschäftigung im Niedriglohnsektor im Alter teilweise auf Sozialleistungen angewiesen sind. Nach derzeit geltendem Recht ist Voraussetzung für die Einbürgerung, dass jemand sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist. Davon könne allerdings «zur Vermeidung einer besonderen Härte» abgesehen werden.
Zur Anforderung, den Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, könnten sich die Fraktionen der Grünen und der SPD vorstellen, im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen beziehungsweise mehr Ausnahmen vorzusehen - etwa für Alleinerziehende. In der FDP hält man davon nichts. Ziel der Reform sei «eine erleichterte Einbürgerung von Menschen, die in Deutschland arbeiten», betonte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Konstantin Kuhle. «Dazu passen keine Erleichterungen für Menschen, die von Transferleistungen leben.»
Forscher haben rund 430 Menschen befragt
Die FDP ihrerseits überlegt dem Vernehmen nach, ob man neben dem im Entwurf bereits enthaltenen Ausschlussgrund Antisemitismus auch noch ein Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel von Einbürgerungswilligen verlangen sollte. Für eine Konkretisierung sei man an dieser Stelle zwar generell offen, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann. Eine Einbürgerungsbehörde habe aber keine Ermittlungskompetenz und werde auch nicht zum Gericht.
Schon jetzt wird von einem Einbürgerungswilligen verlangt, «dass seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist». Die Ampel will das noch konkreter ausführen und dafür - Stand jetzt - folgenden Satz ins Gesetz hineinschreiben: «Antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen sind mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes.» Die aktuelle Rechtslage habe in diesen Fragen zu viel Spielraum gelassen, findet FDP-Fraktionschef Dürr.
Von den in Deutschland lebenden Ausländern ist laut einer weiteren Erhebung des Dezim etwa jeder Zweite daran interessiert, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben oder hat dies bereits beantragt. Eingewanderte Frauen haben demnach ein stärkeres Interesse am deutschen Pass als eingewanderte Männer. Die Migrationsforscher hatten dafür rund 430 Menschen befragt, die ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland leben.