«Die nunmehr bestätigte Teilnahme von Mitgliedern der Werteunion an dem rechtsextremen Treffen in Potsdam zeigt die Gefahr und die Erfolge rechtsextremer Strategien: Längst wirken auch Politikerinnen und Politiker aus der vermeintlichen Mitte des politischen Spektrums an der Vernetzung mit», hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Grünen-Innenexperten, Irene Mihalic und Konstantin von Notz.
Die Werteunion kritisierte Correctiv und erklärte unter Verweis auf eigene Recherchen, es sei «um die Rückführung von sich in Deutschland illegal aufhaltenden Migranten, Ausländern mit geduldetem Aufenthaltsstatus und Ausländern mit Bleiberecht, die durch schwere Straftaten aufgefallen sind» gegangen, nicht aber um «massenhafte Rückführung von Deutschen mit Migrationshintergrund».
Der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Sinan Selen, sagte in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Innenausschusses des Bundestages nach übereinstimmenden Angaben von Teilnehmern, es habe bereits vier Vernetzungstreffen dieser Art gegeben, bei denen Politiker mit Akteuren der sogenannten Neuen Rechten zusammenkommen.
Debatte über AfD-Verbot
Infolge der Correctiv-Recherche nahm auch die Debatte über ein mögliches AfD-Verbot wieder Fahrt auf. Habeck sagte dem «Stern» auf die Frage, ob er für oder gegen ein AfD-Verbot sei: «Das ist keine Frage der politischen Haltung, sondern des Rechts.» Über ein Verbot entscheide allein das Bundesverfassungsgericht. Die Hürden seien zu Recht sehr hoch, und der Schaden durch ein gescheitertes Verfahren wäre massiv. «Daher müsste alles absolut gerichtsfest sein. Das muss man sehr genau bedenken.» So oder so müssten die demokratischen Parteien die AfD politisch schlagen.
Neben einem möglichen Verbotsantrag wird mittlerweile auch über einen Antrag auf Entzug der Grundrechte für herausragende Verfassungsfeinde diskutiert. Bis zum späten Dienstagabend verzeichnete eine Unterschriftensammlung, die sich namentlich gegen den Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke richtet, mehr als 1,1 Millionen Unterschriften. Der Thüringer AfD-Landesverband wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.
Juso-Chef Philipp Türmer sprach sich dafür aus, dieses Mittel gegen Höcke einzusetzen. Nach dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz könne man zudem das aktive und passive Wahlrecht verwirken, sagte Türmer dem «Tagesspiegel». «Der Nazi Björn Höcke bewirbt sich seit Jahren initiativ darum, dass diese Paragrafen mal an ihm angewendet werden.»
Petition eingereicht
Rechtswissenschaftler Ulrich Battis sagte RTL/ntv: «Es ist plausibel, dass man gegen ihn (Höcke) ein solches Verfahren einleitet, weil er sich in besonderer Weise, wie wir sie vorher so in Deutschland in den letzten 40 Jahren nicht hatten, exponiert hat.» Battis betonte: «Im Moment haben wir eine Situation, wie wir sie bisher nicht hatten. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Verfahren Erfolg haben wird, eher größer einzuschätzen, als ich es je in der Vergangenheit beurteilt hätte.»
Wie die «Rheinische Post» berichtete, ist mittlerweile auch beim Petitionsausschuss des Bundestags eine Petition eingereicht worden, die fordert, Höcke Grundrechte zu entziehen. Sie müsse allerdings noch geprüft werden, bevor sie veröffentlicht werde, sagte die Ausschuss-Vorsitzende Martina Stamm-Fibich (SPD) der Zeitung. Ab 50.000 Unterstützern muss sich der Petitionsausschuss mit einer öffentlichen Petition befassen und Gelegenheit zur Anhörung geben.
Die Linke brachte noch eine weitere Forderung auf. Sie plädiert dafür, zunächst die Jugendorganisation Junge Alternative ins Visier zu nehmen. «Ein erster Schritt wäre ein Verbot der Jugendorganisation der AfD», sagte die stellvertretende Parteivorsitzende Katina Schubert der Deutschen Presse-Agentur. «Ein Verbot der JA wäre deutlich einfacher und schneller möglich, da sie nicht durch einen Parteienstatus geschützt ist. Ein Verbot wäre hier durch einen einfachen Ministerialerlass möglich.»