Fiebersaft extrem knapp: Engpässe lassen Eltern verzweifeln - "Es ist ein Armutszeugnis"
Autor: Anna-Lena Reif
Deutschland, Dienstag, 27. Dezember 2022
Die Krankenhäuser sind überfüllt und vor allem bei Kindern schnellen die Infektionen mit Atemwegserkrankungen in die Höhe. Die Pharmaindustrie kann mit der Nachfrage nach fiebersenkenden Mitteln nicht mehr mithalten.
- Medizinische Versorgung in Deutschland ist am Limit
- Mehrere Arten von Medikamenten sind knapp
- Nachfrage nach Fiebersäften um 800 Prozent gestiegen
- Bundesgesundheitsministerium gibt Empfehlung
Medikamentenengpässe, ein enorm hoher Krankenstand beim Personal und die steigenden Patientenzahlen aufgrund von Grippe, Corona und RS-Virus drohen die medizinische Versorgung seit Tagen in die Knie zu zwingen. Auch Kinderärzte hatten bereits Alarm geschlagen und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach dazu veranlasst, schnelle Hilfe zu versprechen. Doch noch immer sind viele Eltern der Verzweiflung nahe, denn vor allem für Kinder sind einige Medikamente knapp.
Lieferengpass bei Fiebersäften: kaum Hersteller in Deutschland
Neben Blutdrucksenkern, Brustkrebsmedikamenten und Magensäureblockern sind vor allem Fiebersäfte für Kinder momentan nicht immer erhältlich. Bei vielen Eltern löst das Wut und Verzweiflung aus. "Es ist ein Armutszeugnis, dass so simple Medikamente wie ein Fiebersaft häufig nicht mehr verfügbar sind", sagte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, dem Nachrichtenportal Rheinische Post.
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Vor allem fiebersenkende Mittel wie Ibuprofen und Paracetamol sind derzeit sehr gefragt. Das liege zum einen daran, dass extrem viele Kinder krank sind, zum anderen aber auch an den hohen Kosten in der Herstellung, wie Christian Splett, der stellvertretende Sprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (ABDA), dem Portal Business Insider erklärte. "Bei den Fiebersäften für Kinder gibt es aufgrund des hohen Kostendrucks nur noch ganz wenige Hersteller, die den deutschen Markt versorgen - und die Nachfrage ist wegen einer erhöhten Atemwegsinfektionsrate bei Kindern in diesem Jahr stark angestiegen", so Splett.
Laut dem Verband der Generika- und Biosimilarunternehmen Deutschland gibt es inzwischen nur noch einen Hauptanbieter für Paracetamol-Fiebersäfte in Deutschland, nämlich das Unternehmen Teva mit der Marke Ratiopharm. Dieses bedient fast 90 Prozent des Marktanteils. Ibuprofenhaltiger Fiebersaft dagegen wird fast nur noch vom Konzern Zentiva hergestellt, der knapp 70 Prozent des Marktanteils hält. Die Nachfrage nach diesen Medikamenten sei im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 800 Prozent gestiegen - das könne momentan nicht aufgefangen werden.
Handlungsbedarf: Das rät das Bundesgesundheitsministerium
In einer Mitteilung vom Dezember 2022 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Empfehlungen zum Umgang mit der aktuellen Lage gegeben. Darin heißt es unter anderem, dass Apotheken und der pharmazeutische Großhandel nur den Wochenbedarf als Vorrat halten sollen.
Außerdem soll die Darreichung in Form von Tabletten auf jeden Fall geprüft werden. Bei Kindern ab neun Jahren soll Saft nur noch auf Rezept abgegeben werden, wenn die Einnahme von Tabletten nicht möglich ist. Auch bei kleineren Kindern können Tabletten als Alternative infrage kommen, denn abhängig vom jeweiligen Medikament, können bereits Kinder ab vier bzw. Kinder ab sechs Jahren teilbare Tabletten einnehmen.