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Faeser nennt Söders Aiwanger-Entscheidung "Machtkalkül" - und spricht von Deutschlands Ansehen


Autor: Agentur dpa

Berlin, Sonntag, 03. Sept. 2023

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wirft dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) bei seiner Entscheidung "Machtkalkül" vor. Weitere Politiker äußern scharfe Kritik.
Nicht nur Nancy Faeser ist von Söders Entscheidung entsetzt.


Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) heißt die Entscheidung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), an seinem Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) trotz der Flugblatt-Affäre festzuhalten, nicht für gut. Kurz zuvor wurde öffentlich: Aiwanger darf bleiben: So begründet Söder seine Entscheidung - fünf klare Punkte.

"Herr Söder hat nicht aus Haltung und Verantwortung entschieden, sondern aus schlichtem Machtkalkül", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Auch Bayerns Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann vermisst Haltung. Der Fragenkatalog an Aiwanger ist inzwischen öffentlich: Das waren die 25 Fragen und seine Antworten.

"Schlechter Deal für unser schönes Bayern" - Politiker reagieren auf Söders Aiwanger-Entscheidung

Der Umgang mit Antisemitismus dürfe keine taktische Frage sein, sagte Faeser und fügte hinzu: "Herr Aiwanger hat sich weder überzeugend entschuldigt noch die Vorwürfe überzeugend ausräumen können." Stattdessen erkläre er sich "auf unsägliche Weise" selbst zum Opfer. Dabei denke er "keine Sekunde an diejenigen, die noch heute massiv unter Judenfeindlichkeit leiden. So verschieben sich Grenzen, die nicht verschoben werden dürfen." Faeser weiter: "Dass Herr Söder dies zulässt, schadet dem Ansehen unseres Landes."

Bayerns Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann hat Ministerpräsident Markus Söder in der Aiwanger-Entscheidung Taktik vor Haltung vorgeworfen. "Er hat heute einen schlechten Deal für unser schönes Bayern gemacht", sagte der Spitzenkandidat für die bayerische Landtagswahl der dpa. "Die schwerwiegenden Vorwürfe sind nicht ausgeräumt." Markus Söder toleriere weiterhin einen stellvertretenden Ministerpräsidenten, an dessen demokratischer Gesinnung Zweifel bestünden. "Diese Koalition steht für alles außer Bürgerlichkeit und Anstand."

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) äußerte sich ebenfalls: "Sich als Jugendlicher möglicherweise zu verlaufen, ist das eine, sich als verantwortlicher Politiker zum Opfer zu machen und der Inszenierung wegen an den demokratischen Grundfesten zu rütteln, ist das andere", sagte der Grünen-Politiker am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Da ist eine Grenze überschritten." Vor diesem Hintergrund sei die Entscheidung Söders "leider keine gute", erklärte Habeck. "Es geht hier nicht um Jugendsünden seines Koalitionspartners, sondern am Ende um den Grundkonsens dieser Republik, den jede Regierung in Bund und Ländern voll und ganz schützen muss."