Wenn eine Notenbank in großem Stil Staatsanleihen kauft, muss der betroffene Staat nicht so hohe Zinsen für Wertpapiere bieten und kommt günstiger an frisches Geld. Schon in der Euro-Schuldenkrise ab 2010 und ab 2015 im Kampf gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche steckte die EZB Milliarden in Anleihenkäufe. Kritiker halten dies für Staatsfinanzierung mit der Notenpresse.
EZB in Lauerstellung
Im weiterhin unsicheren Umfeld wartet die Notenbank nach einer Serie von Zinssenkungen lieber ab. Zuvor hatte die EZB die Leitzinsen achtmal binnen eines Jahres herabgesetzt. Noch im Frühjahr 2024 lag der Einlagenzins, den Banken erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, bei 4,0 Prozent.
Viele Ökonomen erwarten, dass die EZB die Zinsen in diesem Jahr nicht mehr antasten wird. Denn die ausufernde Inflation ist unter Kontrolle: Im August lag die Teuerungsrate im Euroraum mit 2,1 Prozent im Zielbereich der EZB. Einen solchen Wert nur knapp über ihrem Preisstabilitätsziel von 2,0 Prozent erwartet die Notenbank auch für das Gesamtjahr 2025. Noch im Oktober 2022 hatte die Teuerung im Zuge des Ukraine-Krieges auf mehr als zehn Prozent angezogen.
Wirtschaft trotzt Trumps Zöllen
Zudem erweist sich die Wirtschaft im Euroraum trotz höherer US-Zölle als robust. Für das laufende Jahr erwartet die EZB inzwischen 1,2 Prozent Wachstum. Immer mehr Volkswirte sind überzeugt, dass die Serie von Zinssenkungen beendet ist. «Damit die EZB die Zinsen nochmal senkt, müsste schon ein Konjunktureinbruch oder ein gravierendes Ereignis her», meint Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater.
Zwar bleibt US-Präsident Donald Trump unberechenbar, doch das Szenario einer Eskalation im Zollstreit und einem Schock für die Wirtschaft blieb aus. Seit der Einigung zwischen der EU und den USA habe die Unsicherheit im Handel «deutlich abgenommen», sagte Lagarde.
Niedrigere Zinsen stützen die Wirtschaft, da Kredite für Unternehmen und Verbraucher damit tendenziell günstiger werden. Sparer sind dagegen im Nachteil: Bekommen Banken weniger Zinsen für bei der EZB geparkte Gelder, senken sie meist die Tages- und Festgeldzinsen für ihre Kundenschaft.
Etwas höhere Zinsen für Sparer
Doch das Vergleichsportal Verivox sieht eine Trendwende: Erstmals seit Februar 2024 seien die Durchschnittszinsen bundesweit verfügbarer Tagesgeldangebote gestiegen auf zuletzt 1,28 Prozent. Auch beim Festgeld kletterten die Zinsen über alle Laufzeiten wieder.
Michael Heise, Chefökonom beim Vermögensverwalter HQ Trust, sieht gute Nachrichten für Sparer: «Die Einlagenzinsen der Banken dürften in diesem Jahr kaum noch weiter sinken, sondern stabil bleiben.»