Der Kompromiss ist nun, dass die Schuldenbremse zunächst nicht ausgesetzt wird, aber eine Ausnahme für die Folgen der Flutkatastrophe im Ahrtal ergebnisoffen geprüft wird. Auch für den Fall einer veränderten Lage in der Ukraine behält sich die Ampel das spätere Aussetzen und zusätzliche Kredite vor.
Es ist ein Kompromiss, der für die SPD nicht leicht zu schlucken ist. Der Konflikt in der Ampel ist damit auch nicht gelöst, sondern nur aufgeschoben. Denn bei der Entscheidung über die Ausnahme für das Ahrtal könnte es neuen Ärger geben. Die FDP will keinerlei Risiko eingehen, dass die Ampel mit einer neuen Notlagen-Entscheidung wieder eine Bruchlandung in Karlsruhe erleidet. Dabei sei auch entscheidend, wie sich die Union verhalte, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums. CDU-Chef Merz hatte bereits angedeutet, seine Fraktion werde eine erneute Klage genau prüfen.
Scholz: Umgang in Koalition «vertrauensvoll und vertraulich»
Von allen drei Koalitionspartner waren am Mittwoch trotzdem Worte wie «Vertrauen» und «Verlässlichkeit» zu hören. «Diese Koalition ist handlungs- und einigungsfähig auch bei sehr schwierigen Aufgaben», betonte Lindner. Man habe «vertrauensvoll und vertraulich» verhandelt, meinte Scholz. Ob der Kompromiss die Koalition wirklich zusammenschweißen kann, ist aber sehr fraglich.
Denn ausgerechnet am Mittwoch wurde ein anderes wichtiges Projekt der Ampel aufgeschoben. Über die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und das Gesetz zur Erleichterung der Rückführung von Flüchtlingen soll wegen Unstimmigkeiten in der Koalition nun erst im nächsten Jahr abgestimmt werden.
Merz forderte Scholz deswegen auf, das mit den Ländern verabredete Paket zur Verringerung der irregulären Migration als Komplettpaket im Januar dem Bundestag vorzulegen und es mit der Vertrauensfrage zu verknüpfen. Damit solle der Kanzler zeigen, ob er die Koalition in wesentlichen Fragen noch hinter sich habe, sagte der CDU-Chef. «Herr Bundeskanzler, wenn Sie das nicht machen, dann wird das nächste Jahr genauso chaotisch beginnen, wie das Jahr 2023 zu Ende geht.»
Haushaltsbeschluss fünf Wochen zu spät
Der Etat 2024 wird nun voraussichtlich in der zweiten Januarhälfte im Bundestag beschlossen und dann am 2. Februar den Bundesrat passieren. Damit wird für fünf Wochen eine sogenannte vorläufige Haushaltsführung gelten. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien aber bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen.
Wichtige Eckpunkte
- Schuldenbremse: Sie soll 2024 zunächst nicht ausgesetzt werden, es soll aber eine Ausnahme für die Folgen der Flutkatastrophe im Ahrtal geprüft werden. Auch für den Fall einer veränderten Lage in der Ukraine behält sich die Ampel das spätere Aussetzen und das Aufnehmen zusätzliche Kredite vor.
- Milliardenzuschüsse für Industrieprojekte in Ostdeutschland wie die Chipfabrik von Intel bei Magdeburg: Daran will die Ampel festhalten - ebenso wie am Ausbau einer Wasserstoffwirtschaft.
- CO2-Preis beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien: Dieser soll zum 1. Januar 2024 nicht wie bisher geplant auf 40 Euro pro Tonne steigen - sondern auf 45 Euro und 2025 dann auf 55 Euro. Tanken mit Benzin und Diesel wird also teurer, ebenso wie Heizen mit Gas und Heizöl.
- Die Strompreise steigen. Der Grund: Ein eigentlich geplanter 5,5 Milliarden schwerer Bundeszuschuss zu den Entgelten für die Stromautobahnen wird gestrichen.
- Die staatliche Förderung von E-Autos soll früher auslaufen als geplant - wann genau, ist aber offen.
- Bei der Energiesteuer sollen Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel abgeschafft werden.