Extremwetter und Dürregefahr machen Landwirtschaft zunehmend zur Glückssache. Helfen kann eine geförderte Versicherung für die Bauern, doch bisher herrscht Flickwerk. Der Bund schaltet sich ein.
Angesichts der zunehmenden Wetterextreme in Deutschland können die deutschen Bauern auf eine bundesweit einheitliche Förderung der teuren Versicherungen gegen Naturgefahren hoffen. Das von CSU-Mann Alois Rainer geführte Landwirtschaftsministerium in Berlin prüft, ob die sogenannte «Mehrgefahrenversicherung» aus dem Topf für Agrarstruktur und Küstenschutz bezuschusst werden kann, wie ein Sprecher mitteilte. Einzelheiten nennt das Ministerium nicht.
Föderales Durcheinander
Bisher herrscht Kleinstaaterei: Mehrere Bundesländer zahlen ihren Bauern Versicherungszuschüsse, andere nicht. Und in den Bundesländern, die zahlen, sind die Regeln sehr unterschiedlich. Der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert mit Nachdruck eine Förderung durch den Bund. «Eine bundeseinheitliche Mehrgefahrenversicherung ist längst überfällig und würde die Kosten für die Landwirte, Verwaltung und Versicherungen deutlich senken», sagt DBV-Generalsekretärin Stefanie Sabet. Die nunmehr begonnene «Prüfung» durch das Ministerium ist im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbart, doch werden keineswegs alle Absprachen zügig umgesetzt.
Die Versicherer sind naturgemäß ebenfalls an einem Ende des Flickwerks interessiert. «Bisher haben wir Länderprogramme, die teilweise innovativ sind und teilweise überbürokratisiert oder halbherzig», sagt Alexander Lührig, Chef der Allianz Agrar in München. «Bayern hat das konsequenteste Programm.» Der Freistaat war es auch, der im Jahr 2019 gemeinsam mit Baden-Württemberg in einer Bundesratsinitiative erstmals einen Bundeszuschuss forderte. «Bayern wird deshalb weiter darauf hinwirken, dass sich der Bund an der Finanzierung beteiligt», sagt ein Sprecher des Münchner Agrarministeriums.
Bundeszuschuss würde gleiche Bedingungen für alle Bauern schaffen
Im bayerischen Modell können die Landwirte je nach ihrer Haupttätigkeit auswählen zwischen «Paketen» unter anderem für Ackerbau, Grünland, Obst- und Weinbau. Ein konkretes Beispiel: Im Ackerbau versichert sind in Bayern Hagel, Sturm, Starkregen, Starkfrost, Trockenheit und Fraßschäden durch Wildgänse und Saatkrähen.
Doch mehrere andere Bundesländer gewähren Ackerbauern trotz Mehrgefahren-Förderprogramms keine Zuschüsse. Der Bauernverband fordert den Bund auf, den Landwirten mindestens 50 Prozent der Versicherungsprämie zu ersetzen, und zwar für Spätfrost, Starkregen, Trockenheit und Sturm.
«Die Aufgabe wird jetzt sein, ein gemeinsames Modell zu finden, das nicht acht verschiedene IT-Projekte bei jedem Versicherer einzeln beschäftigt», sagt Ulrich Stephan, Leiter des Firmengeschäfts der Allianz. «Es ist sinnvoll, nicht nur die teuren Sonderkulturen wie Obst und Wein zu fördern, sondern im Interesse der Ernährungssicherheit auch die Ackerkulturen.» Denn auf 70 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland werde Ackerbau betrieben.
Andere EU-Länder sind weiter
Etliche EU-Länder bezuschussen die Mehrgefahrenversicherung schon seit Jahren, darunter Frankreich, Italien, Spanien und Polen. Im weltweiten Schnitt übernähmen die jeweiligen Staaten an die 70 Prozent der Beiträge, sagt Stephan. «Deutschland ist jetzt dabei, sich an den Weltmarktstandard anzupassen.»