Dieter Nuhr macht in Bamberg Späßchen fürs Etablishment
Autor: Andreas Thamm
Bamberg, Montag, 20. Mai 2019
Auch bei seinem Auftritt findet Dieter Nuhr die Welt, so wie sie ist, eigentlich ganz okay. Für einen Kabarettisten ist dies eine eher ungewöhnliche Haltung
Man kennt solche Typen, die das eine sagen und das andere signalisieren. Das Thema des heutigen Abends, sagte Dieter Nuhr am Samstag in der Bamberger Konzerthalle, sei die Gelassenheit, ein Abend gegen Hysterieblasen und Kritikwütigkeit. Ihm, das ist die vorgebliche Haltung, sei doch alles scheißegal. Er will sich nicht aufregen. Er tut das dann aber natürlich doch. Die aufgeblasenen Backen bleiben der Modus deutschen Kabaretts.
Nuhr steht seit 30 Jahren auf der Bühne, denkt sich dafür immer einen Wortwitz mit seinem Namen aus, diesmal auch irgendwas, und findet regelmäßig im ARD-Hauptprogramm statt.
Was das deutsche Kabarett schlecht aushalten kann, ist Ambivalenz, Uneindeutigkeit, ein spielerisches herausforderndes Element. Seine Protagonisten sind daher recht leicht in politische Schubladen zu stecken. Nuhr steckt in der, die noch frei war: Er ist der FDP-Kabarettist für die liberalkonservative, Audi-fahrende Wohlstandsgesellschaft.
Die Botschaften, die Nuhr auch am Samstagabend in Bamberg, mitbringt, sind entsprechend unmissverständlich formuliert: "Der Kapitalismus hat sehr gute Arbeit geleistet." "Früher war alles schlechter." Während Ersteres als Definitionsfrage genussvoll ausdiskutiert werden kann, ist zweiteres fraglos richtig. Allein die selbstzufrieden gesättigte Haltung, mit der das präsentiert wird, macht so noch keine Comedy.
Und: Auch hier gerät der Kabarettist in Widersprüche, weil er ja offenbar verzweifelt, an der Jugend, die bloß Instagram kenne: "Wir sind früher nach draußen gegangen. Da war teilweise Wetter."
Hysterie um Stickoxide
Andererseits weiß Nuhr ja, dass die Jugend sehr wohl nach draußen geht, eben wegen des Wetters. Aber ökologisches Engagement basiert irgendwie auf Hysterie und würden Greta Thunbergs Forderungen umgesetzt, sagt Nuhr, würde das Milliarden Menschen das Leben kosten.
Woher diese irre Zahl kommt, wer das auf welcher Basis ausgerechnet hat? Egal. Der politische Kommentator im Kostüm des Kabarettisten lässt das mal so stehen. Das macht er gern. Er ist schließlich sehr gebildet und hier, um mal ein paar Sachen zu erklären. Sein Lieblingsthema hierfür ist - man sucht schon nach einem VW-Logo auf der Bühne - die Hysterie um Stickoxide, die Dieselfahrverbote.