Dass die Fans heute kaum noch Zugang zu den Spielern hätten, nervt ihn. "Das hat mit Fußball nix mehr zu tun." Er muss damit leben, dass das Publikum ihn entsprechend bei jeder Gelegenheit ankumpelt. Und das Publikum damit, dass er gern zurückkeult, sich nicht einschleimen mag: "Verstehst du den?", fragt Basler Wagner nach einem arg fränkischen Zwischenruf. "Gibt's hier auch normales Deutsch?"
So kommt fast ein bisschen Stammtisch-Atmosphäre auf, die gedachte Wand, die nie da war, fällt, die Distanz ist aufgehoben. Und Jörg Wagner kann einfach ganz direkt und ohne Umschweife nachfragen: Klinsmann? "Ein egoistisches Arschloch, Vollkatastrophe, mag ich ned."
Kahn? "Damals schon wie heute: Geht zum Lachen in den Keller. Der ist damals direkt als erster ins Bett gegangen." So ist das, der Basler nimmt kein Blatt vor den Mund, ihm doch scheißegal.
Damals, das meint natürlich das Trauma, das nicht fehlen darf, wenn man diese besondere Karriere rekapituliert: Champions League Finale 1999 gegen Manchester United. Basler trinkt am Vorabend bis nachts um drei allein in der Hotelbar. Trainer Hitzfeld habe ihm nachts noch gesagt, er könne ihn so nicht aufstellen. "Am Abend stand ich dann doch auf der Liste. Ich hab gedacht: ui. Aber ich war überragend, bester Mann."
Tatsächlich trifft Basler per direktem Freistoß und wird ausgewechselt, bevor die beiden Gegentreffer in der Nachspielzeit fallen.
Und jetzt wird es interessant, weil Basler sich eigentlich wehrt gegen vieles, was mit der von ihm befeuerten Romantik einhergeht: Er verachtet die Sentimentalität. Die Siegerehrung habe er geschwänzt, stattdessen eine halbe Schachtel Kippen geraucht. Danach habe er mit Markus Babbel gefeiert, als hätten die Bayern den Titel gewonnen. "Wir haben drei Tische kaputt gemacht beim Tanzen. Ich war voll wie ne Handbremse."
Wider die Romantik
Er habe nie verstehen können, warum seine Kollegen eine solche Niederlage drei, vier Wochen mit sich herumschleppten. Hört sich lustig an, ist ihm aber ernst: "Mir doch scheißegal, das Spiel war vorbei, fertig. Wenn ich so etwas mitbekomme wie Hanau: Solche Dinge müssen uns berühren, aber doch nicht so ein Drecksfußballspiel."
Mario Basler war fast 20 Jahre Fußballprofi. Immer einer, der polarisierte. Die einen vergöttern ihn, die anderen können ihn nicht ab, die Torhüter fürchteten seinen rechten Fuß, die Trainer verzweifelten. Seine Trophäen, die Trikots und Erinnerungen - er hat das alles weggeschmissen und verschenkt, sagt er und macht damit ein kleines Fenster auf, dorthin, wo vielleicht der echte Mario Basler lebt, für den das alles doch nicht so einfach ist.
Ob all das stimmt, die Eskapaden, die zertanzten Tische, ist nicht entscheidend. Mario Basler, der mittlerweile auch als Comedian auftritt, hat zu sich selbst gefunden und damit zur vollendeten Kunstfigur: die letzte echte Type, das einzige Original, der liebenswerte Fußballproll. Ob er am Ende für seine Freistöße oder die Sprüche im Gedächtnis bleibt - ihm wird's wurscht sein.