Am Sonntag hatte es bereits eine Demo unter dem Motto «Brandmauer hoch! Wir sind das Stadtbild» am Brandenburger Tor in Berlin gegeben. Merz hatte sie mit den Worten kommentiert: «Wer dann meint, dagegen demonstrieren zu müssen, der soll es tun. Der setzt sich dann allerdings auch der Frage aus, ob er ein Interesse daran hat, ein Problem zu lösen oder ob er eher ein Interesse daran hat, möglicherweise den Keil in unsere Gesellschaft zu treiben.»
Radtke: Merz ist nicht mehr der «launige Kommentator»
Auch aus der Union kommt aber Kritik an der Äußerung des Parteichefs - und auch Zweifel daran, ob er damit seiner Rolle als Bundeskanzler gerecht wird. «Friedrich Merz ist nicht mehr der launige Kommentator am Spielfeldrand, der einen raushaut, sondern ihm kommt als Kanzler eine besondere Verantwortung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, die Debattenkultur und einer positiven Zukunftserzählung zu», mahnte Dennis Radtke, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA).
Die Kritik Radtkes ist aber zunächst eine Einzelstimme. Zahlreiche Unions-Politiker nahmen Merz in Schutz. «Dass illegale Migration das Erscheinungsbild unserer Städte verändert, entspricht dem normalen Empfinden vieler Menschen - und ich halte es auch für eine Tatsache», sagte Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) der «Bild». Ähnlich äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann. «Mit der Kritik am Kanzler betreibt Links-Grün Empörungs-Politik vorbei an der Wirklichkeit», sagte der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag der Deutschen Presse-Agentur.
Rückendeckung erhielt Merz auch vom Vorsitzenden der Jungen Union (JU), Johannes Winkel: «Das, was Friedrich Merz beschrieben hat, stimmt natürlich: Wir erleben seit Jahren eine Zunahme an Gewaltkriminalität, auch an Drogenkriminalität, wir erleben auch übrigens eine Zunahme an Islamismus in Deutschland, und wenn man das anspricht, dann ist man kein Rassist, sondern Realist», sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete im Deutschlandfunk.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik sagte in Düsseldorf: «Selbstverständlich haben wir Probleme in Stadtbild und Stadtteilen.» Das gelte auch für NRW. «Bei all diesen Debatten: Jeder spricht auf seine Weise», sagte Wüst. Die Leute erwarteten, dass Probleme, die sie selbst wahrnähmen, von der Politik auch angesprochen würden.
Rund 42 Prozent der Tatverdächtigen Ausländer
Die Äußerungen von Merz durch Zahlen und Fakten einzuordnen, ist schwierig, weil Merz nicht konkret wird. Die von Ausländern verübten Straftaten spricht er beispielsweise gar nicht explizit an. Dazu finden sich in der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts (BKA) Zahlen. Danach wurden 2024 insgesamt knapp 3,4 Millionen Straftaten aufgeklärt und insgesamt 2.184.834 Tatverdächtige ermittelt, darunter 41,8 Prozent ohne deutschen Pass. Der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung liegt bei etwa 15 Prozent. Die beiden Werte sind aber nicht unmittelbar vergleichbar, weil unter den 41,8 Prozent ausländischen Tatverdächtigen auch Menschen ohne Wohnsitz in Deutschland sind.
Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes wies darauf hin, dass Gewalt gegen Frauen nicht in erster Linie auf offener Straße stattfinde. «Der gefährlichste Ort für eine Frau ist immer noch ihr eigenes Zuhause», sagt die Bundesgeschäftsführerin von Terre des Femmes, Christa Stolle, der Deutschen Presse-Agentur.