Die Online-Marktplätze Temu und Shein erfreuen sich mit ihren günstigen Angeboten großer Beliebtheit bei Konsumenten - und sind zugleich umstritten. Das Bundeswirtschaftsministerium widmet sich den asiatischen Einkaufsplattformen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) plant eine intensivere Überwachung der Shoppingportale Temu und Shein. Ein Sprecher bestätigte, dass ein "Aktionsplan E-Commerce" entwickelt wird. Zuerst hatte das Wirtschaftsmagazin Capital darüber berichtet.
"Es ist von entscheidender Bedeutung, dass gegenüber Händlern aus Drittstaaten bestehende Rechtsvorschriften genauso konsequent durchgesetzt werden wie gegenüber Händlern aus der EU", sagte eine Sprecherin des Ministeriums Capital. Das betreffe sowohl die geltenden Standards bei Produktsicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz als auch bei Zoll- und Steuerrecht. Das Ministerium prüft daher neue Maßnahmen sowie die Anpassung bestehender Vorschriften.
Manipulative Kaufanreize und Co.: Das wird an Shein und Temu bemängelt
"Wir sind fest entschlossen, die deutschen und europäischen Gesetze einzuhalten und unterstützen alle Bemühungen, die faire Wettbewerbsbedingungen schaffen, die den Verbrauchern zugutekommen", sagte eine Sprecherin von Shein auf Anfrage zu dem Aktionsplan. Bei Temu hieß es auf Anfrage, man habe sich als "Neuanbieter in Europa" das Feedback von Kunden, Aufsichtsbehörden und Verbraucherschutzgruppen genau angehört. "Wir haben unsere Dienstleistungen aktiv an die lokalen Gepflogenheiten und Präferenzen angepasst und verpflichten uns uneingeschränkt zur Einhaltung der Gesetze und Vorschriften der Märkte, in denen wir tätig sind", so ein Sprecher.
In den vergangenen Monaten hat es laut Capital bereits Gespräche mit den Bundesländern sowie der EU-Kommission und dem EU-Parlament gegeben. Staatssekretär Sven Giegold (Grüne) hat sich den Angaben zufolge mit Vertretern von Temu und Shein getroffen. Ziel der Bemühungen sei es, "faire Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer sicherzustellen". Shein und Temu sind in Deutschland überaus beliebt. 43 Prozent der Verbraucher kaufen bei den Marktplätzen, wie aus einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH hervorgeht.
Die Plattformen stehen jedoch in der Kritik. Handelsvertreter, Politiker und Verbraucherschützer bemängeln unter anderem Produktqualität, fehlende Kontrollen, manipulative Kaufanreize und unfaire Wettbewerbsvoraussetzungen. Beanstandet wird zudem, dass die Anbieter von rechtlichen Schlupflöchern wie der 150-Euro-Zollfreigrenze profitieren. Die asiatischen Online-Plattformen setzen vor allem auf Luftfracht. Bei Bestellungen aus Nicht-EU-Ländern müssen für Pakete mit einem Warenwert unter 150 Euro bei der Einfuhr keine Gebühren entrichtet werden.
Shein-Chef: "Wir wollen das Problem proaktiv lösen"
Das Unternehmen weist Kritik an seinen Geschäftspraktiken zurück. "Unser Geschäftsmodell basiert nicht auf Zollvorteilen", sagte Shein-Chef Donald Tang im Interview mit dem Handelsblatt. Sollte sich das Zollgesetz ändern, werde man dies umsetzen. Tang widersprach auch dem Vorwurf, dass viele Sendungen falsch deklariert seien, um die 150-Euro-Grenze einzuhalten.
Das Unternehmen arbeite daran, den Zollbehörden die nötigen Informationen zur Verfügung zu stellen, bevor die Pakete am Flughafen ankommen. "Wenn die Behörden das von uns möchten, würden wir es tun. Wir wollen das Problem proaktiv lösen." Zur Kritik an der Produktqualität erklärte Tang: "Das ist ein Imageproblem. Es gibt das alte Sprichwort: Wenn etwas billig ist, kann es nicht gut sein. Wir ändern das gerade."