Die Deutschen kaufen weniger Bier: 2023 wurde so wenig Bier getrunken wie lange nicht. Brauereien stehen vor großen finanziellen Herausforderungen. Der Markt ist angespannt - und Brauer hoffen nun auf eine erfolgreiche Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land.
Der Bierkonsum in Deutschland ging 2023 deutlich zurück: Im vergangenen Jahr wurde weniger Bier getrunken worden als selbst im Corona-Jahr 2021. Die Brauereien sind in Alarmstimmung, weil ihr Gesamtabsatz nach der kurzen Erholung 2022 nun einen neuen Tiefstand erreicht hat. 8,4 Milliarden Liter bedeuten ein Rückgang um 4,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag berichtete.
Das Traditionsgetränk schmeckt deutschen wie auch internationalen Kunden immer seltener. Die Gründe dafür sind vielfältig: Neben den Trends gesunde Ernährung und alternde Gesellschaft sorgen seit dem russischen Angriff auf die Ukraine stark steigende Kosten und zurückhaltende Verbraucher für große Sorgen in der Branche.
"Kosten in Milliardenhöhe": Brauereien wegen Energiewende vor dem Aus?
Dabei stehen die größten Probleme erst an: Die Produktion von Bier ist mit dem Erhitzen und Kühlen großer Mengen Flüssigkeit sehr energieintensiv. Der Präsident des Deutschen Brauer-Bundes, Christian Weber, warnte kürzlich in einem Interview vor den immensen Kosten: "Wenn wir in naher Zukunft unsere Brauereien elektrifizieren müssen, um Klimaneutralität zu erreichen, reden wir über Kosten in Milliardenhöhe." Auch die Reinigung von Flaschen brauche viel Energie. "Um eine Brauerei komplett von Gasbetrieb auf alternative Prozesse umzustellen, müsste man etwa 80 Prozent einer Brauerei neu bauen."
Auch wenn Weber auf die Innovationskraft seiner Mitgliedsunternehmen vertraut: Die angestrebte Klimawende trifft eine geschwächte Branche. Seit 1993 ist der Bierabsatz in Deutschland um mehr als ein Viertel zurückgegangen. Allein im vergangenen Jahr wurden Braukapazitäten für mehr als 200 Millionen Liter aus dem Markt genommen. Unter anderem hat der Marktführer Radeberger die traditionsreiche Binding-Brauerei an seinem Konzernsitz in Frankfurt am Main geschlossen. In Hessens größter Stadt gibt es damit nur noch kleine, handwerkliche Brauereien oder als Alternative die Keltereien für den eher lokal beliebten Apfelwein.
Die Situation gerade der kleinen und mittelständischen Unternehmen werde sich angesichts der beschleunigten Absatzverluste unweigerlich zuspitzen, erklärte der Chef der sauerländischen Veltins-Brauerei, Michael Huber. Die geringeren Mengen reichten längst nicht aus, um die langjährigen Überkapazitäten zurückzuführen. Die Nervosität unter den Brauern sei angesichts der hohen Kosten groß. "Die unabdingbaren Investitionen in die energetische Transformation bedeuten für viele Brauhäuser das absehbare Aus, weil es an Renditekraft fehlt und die Wirtschaftlichkeit nicht mehr herstellbar ist."
Alkoholfreies Bier immer beliebter - wie entwickeln sich die Preise?
Seit Jahren entwickelt sich der Absatz alkoholfreier, nicht von der Steuerstatistik erfasster Biere besser als der Absatz klassischer Sorten, was laut Brauer-Bund wohl auch 2023 so war. Gleichwohl blieb im Flautenjahr unter dem Strich auch in diesem Bereich ein Minus, sagt Hauptgeschäftsführer Holger Eichele. Dennoch sieht er die alkoholfreien Biere mit einem Marktanteil von zurzeit sieben Prozent weiter als Hoffnungsträger. "Wir rechnen damit, dass bald jedes zehnte in Deutschland gebraute Bier alkoholfrei sein wird. Kein anderes Segment in der Brauwirtschaft hat in den letzten zehn Jahren so stark zugelegt."
Billiger wird Bier auf absehbare Zeit für die deutschen Verbraucher wohl nicht. Eichele kritisiert den "ruinösen Preiskampf", den große Handelskonzerne zulasten der gesamten Lebensmittelwirtschaft führten. "Niemand versteht, weshalb ein in Deutschland mit Handwerkskunst und besten heimischen Rohstoffen gebrautes Bier durchgehend billiger zu haben ist als simple Softdrinks."