Nun könnte es darauf hinauslaufen, dass nur der Haushaltsausschuss des Bundestags seine Beratungen vor Jahreswechsel noch abschließt. Nach einer politischen Einigung würde er voraussichtlich noch einmal Sachverständige befragen. Dann müsste die sogenannte Bereinigungssitzung beendet werden, mit der der Etat grundsätzlich festgezurrt wird. Im Januar könnte dann der Bundestag zur Haushaltswoche zusammenkommen und anschließend der Bundesrat grünes Licht geben.
Später Beschluss laut Lindner keine Krise
Bis dahin würde die sogenannte vorläufige Haushaltsführung gelten. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien jedoch bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen.
Dieses Verfahren greift üblicherweise auch nach einer Bundestagswahl, wenn die neue Regierung in der kurzen Zeit zwischen Koalitionsbildung und Jahreswechsel keinen Haushalt aufstellen kann. Für Lindner ist ein später Beschluss daher auch kein Drama: "Der Staat ist vollkommen handlungsfähig: Es wird keine Behörde schließen. Es wird kein Gehalt nicht ausgezahlt. Es wird niemand, der eine Unterstützungsleistung erwartet, sie nicht erhalten", betonte er.
Ist damit also der Druck raus aus den Gesprächen der Ampel-Spitzen? Auch am Mittwoch hatten die Chefverhandler wieder bis zum späten Abend beraten. Am Freitag reiste Lindner zu wichtigen Terminen nach Brüssel. Ab Freitag trifft sich zudem die SPD zu ihrem dreitägigen Bundesparteitag - Scholz soll dort am Samstag reden. Viel Raum für Haushaltsgespräche gibt es vor Sonntagabend also ohnehin nicht.
Neues Aussetzen der Schuldenbremse ist umstritten
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) plädierte beim TV-Sender Welt für Sorgfalt. "Sorgfalt ist hier aber auch sehr wichtig, denn klar ist, dass alles, was vereinbart wird, streng auf Verfassungskonformität geprüft werden muss", sagte er.
Umstritten ist vor allem, ob die Ampel-Koalition erneut die Schuldenbremse aussetzen und sich so Milliarden-Kredite genehmigen könnte. Dafür müsste eine Notlage erklärt werde, begründet etwa durch den Krieg in der Ukraine. Lindner ist davon bisher nicht überzeugt, auch weil er befürchtet, dass die Bundesregierung damit erneut vor Gericht landet. Eine Klage der Union wäre sehr wahrscheinlich.
Im Gespräch sind auch Kürzungen in diversen Bereichen - vom Dieselprivileg bis hin zur Kindergrundsicherung. Lindner betonte, Subventionen müssten auf ihren Nutzen geprüft werden. "Aber nicht selten wird von vermeintlichen Privilegien gesprochen, um dann doch die arbeitende Bevölkerung zu belasten", sagte er der Wirtschaftswoche.
Lindner will Geld bei Sozialausgaben effektiver einsetzen
"Schauen wir doch erst einmal, wo der Staat mit dem Geld, das er hat, besser umgehen und effizienter seine Ziele erreichen kann. Das gilt ganz besonders für die enorm gestiegenen Sozialausgaben", betonte der FDP-Chef. Dort müsse das Geld effektiver eingesetzt werden.
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