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Balkonkraftwerke: Strafzahlungen drohen - diese Anlagen sind betroffen


Autor: Julia Gebhardt

Deutschland, Freitag, 26. August 2022

Balkonkraftwerke erfreuen sich seit der Energie-Krise immer größerer Beliebtheit. Doch Betreiber solcher Anlagen müssen eventuell mit Strafzahlungen rechnen. Warum ist das so?
Balkonkraftwerke erzeugen Solarstrom und senken so die Stromrechnung - können aber auch Strafzahlungen verursachen.


Unabhängig sein von steigenden Strompreisen - das wünschen sich momentan viele Verbraucher. Balkonkraftwerke sind daher für viele Bürger*innen eine immer attraktiver werdende Möglichkeit, die Stromrechnung zu senken - auch wenn man kein Eigenheim besitzt.

Aber Achtung: Wer sich vor 2023 ein eigenes Balkonkraftwerk einrichtet, muss mit zusätzlichen Kosten rechnen, berichtet Computer Bild. Der Grund: Die 70-Prozent-Regelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Was hat es damit auf sich?

Balkonkraftwerke: Was ist die 70-Prozent-Regelung?

In den vergangenen Jahren förderte die Bundesregierung die Anschaffung von Solaranlagen fürs Eigenheim. Wer zu Miete wohnt, konnte dies nicht - bis zur Erfindung von sogenannten "Balkonkraftwerken". Diese bestehen zumeist nur aus zwei Solarmodulen und einem Wechselrichter. Zwar dürfen sie normalerweise trotzdem nur mit Genehmigung des Vermieters angebracht werden, sind aber für den Mieter von großem Vorteil. Zum einen, weil sie sich durch ihren einfachen Aufbau - und solange die Leistung des Wechselrichters 600 Watt nicht überschreitet - ohne teures Fachpersonal anschließen lassen.

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Zum anderen natürlich, weil der Betreiber damit seine Stromrechnung senken kann. Je mehr Solaranlagen in Betrieb sind, desto mehr Solarstrom kann bei den Solaranlagen-Besitzern überschüssig sein. Diese unverbrauchte Energie wird ins Stromnetz eingespeist. Der Eigentümer der jeweiligen Photovoltaikanlage erhält für diesen ökologisch produzierten Strom gegebenenfalls eine Einspeisevergütung. Das Problem: Die Belastung des Stromnetzes steigt.

Da kommt die 70-Prozent-Regelung ins Spiel: Sie ist unter Paragraf 9 Absatz 2 des EEG aufgeführt. Sie soll eine Überlastung des Stromnetzes verhindern und besagt, dass Betreiber von Photovoltaikanlagen bis zu einer Gesamtleistung von 25 Kilowatt (kurz kW) sicherstellen müssen, dass ihre Anlage maximal 70 Prozent ihrer installierten Leistung ins Netz einspeist.

Bei großen Photovoltaikanlagen ist das kein Problem, denn diese können ihre Leistung auf 70 Prozent verringern. Dies passiert wahlweise durch den Wechselrichter oder via Fernsteuerung durch den Netzbetreiber, vorausgesetzt die entsprechenden Steuerungseinheiten sind vorhanden.

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Photovoltaik: Wann kommt es zu Strafzahlungen?

Da Balkonkraftwerke logischerweise weniger Leistung erbringen als große Anlagen, passiert es sehr viel seltener, dass sie überschüssige Energie ins Netz einspeisen. Normalerweise wird der erwirtschaftete Strom direkt verbraucht. Aber da das EEG keine Leistungsuntergrenze definiert, fallen auch Balkonkraftwerke unter die 70-Prozent-Regelung.

Balkonkraftwerke haben in der Regel keinen drosselungsfähigen Wechselrichter. Auch kann der Netzbetreiber sie nicht aus der Ferne regulieren. Betreiber können deshalb nicht garantieren, dass ihr Balkonkraftwerk nicht mehr als 70 Prozent der installierten Leistung einspeist.

Bislang blieb ein Verstoß gegen die 70-Prozent-Regelung ungeahndet. Das Gesetz schrieb als Konsequenz lediglich eine Verringerung der Einspeisevergütung vor. Da die Betreiber von Balkonkraftwerken aufgrund der geringen Leistung ihrer Systeme ohnehin keine Rendite erwirtschaften, kam es auch zu keinen Strafzahlungen. Das änderte sich am 30. Juli 2022: Seitdem gilt eine neue Fassung des EEG. Mit dieser wurden beispielsweise Einspeisevergütungssätze erhöht. Auch wurde beschlossen, die 70-Prozent-Regelung abzuschaffen - das gilt allerdings erst ab Anfang 2023. Das bedeutet, dass Anlagen, die vor dem 1. Januar 2023 in Betrieb genommen werden, die Regelung weiterhin erfüllen müssen.

Betreiber bestehender Balkonkraftwerke haben somit das Nachsehen. Denn die neu definierten Strafzahlungen dürften die Rentabilität ihrer Anlage deutlich verringern: Diese sind auf monatlich zehn Euro pro installierter Kilowatt-Leistung festgesetzt worden. Da in Deutschland zugelassene Balkonkraftwerke 0,6 Kilowatt (600 Watt) Höchstleistung haben dürfen, würde das eine monatliche Mahngebühr von 6 Euro bedeuten. Auf das Jahr hochgerechnet also 72 Euro, rechnet Computer Bild in einem Beispiel vor.

Mit einem 300 Wp Mini-PV Solarmodul kann man im Optimalfall bis zu 300 kWh pro Jahr erzeugen. Bei dem aktuellen Strompreis in Bayern von 37 Cent pro Kilowattstunde kommt man so auf eine Stromkostenersparnis von rund 100 Euro. Mit zwei solchen Modulen erreicht man somit die zugelassene Höchstleistungsgrenze und hat eine maximale Einsparung von nahezu 200 Euro im Jahr.

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Wie kann man die Zahlungen vermeiden? Es gibt zwei Möglichkeiten!

Bedenkt man nun, dass für diese Ersparnis ganzjährig optimale Wetterbedingungen notwendig wären, ist es unwahrscheinlich, dass der Wert von 200 Euro erreicht werden kann. Daher verringern die errechneten 72 Euro an Strafzahlungen die Rentabilität eines Balkonkraftwerks enorm. Gibt es für Betreiber bereits bestehender Balkonkraftwerke Möglichkeiten, die Strafzahlungen abzuwenden?

Ja, sogar zwei: Zum einen kann man einen Wechselrichter verwenden, der eine 30 Prozent geringere Ausgangsleistung als die genutzten Solarmodule hat. Dieser würde garantieren, dass die eingespeiste Leistung die 70-Prozent-Grenze nicht überschreitet. Zum anderen kann mithilfe einer smarten Steckdose nachgewiesen werden, dass der erzeugte Strom direkt wieder durch die Haushaltsgeräte verbraucht wird und es so selbst bei Erzeugungsspitzen nicht zu einem Verstoß gegen die Regelung kommt.

Lesetipp: Die Nachfrage nach Solarmodulen ist hoch, die Liefermengen sind begrenzt, da die Hersteller zumeist in China sitzen. Wäre ein Comeback für Solaranlagen "made in Germany" denkbar?

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