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Anschlag in Solingen: Verdächtiger (26) in Gewahrsam - Asyldebatte befeuert


Autor: Agentur dpa, Redaktion

Solingen, Montag, 26. August 2024

Bei der Attacke auf dem Stadtfest in Solingen hat es Todesopfer und Verletzte gegeben. Mittlerweile wurde bekannt: Der tatverdächtige Syrer sollte eigentlich vergangenes Jahr abgeschoben werden.
Philipp Müller, Hauptorganisator der Jubiläums-Feier von Solingen, stellt im Gedenken an die Opfer eine Kerze auf.


Update vom 26.08.2024, 6.45 Uhr: Asyldebatte befeuert - Forderungen nach härteren Abschiebereglungen

Nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen werden Forderungen nach härteren Abschieberegeln und einem strengeren Waffenrecht lauter. Zugleich wird Aufklärung verlangt, weshalb die Behörden im vergangenen Jahr mit dem Versuch scheiterten, den syrischen Asylbewerber abzuschieben, der so überhaupt erst den Anschlag mit drei Todesopfern am Freitagabend (23. August 2024) verüben konnte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am Montag (26. August 2024) in Solingen mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) der Opfer der Messerattacke gedenken.

Bei einem Straßenfest in der Stadt im Bergischen Land waren auch acht Menschen verletzt worden, vier davon schwer. Ein 26-jähriger tatverdächtiger Syrer sitzt seit Sonntagabend (25. August 2024) in Untersuchungshaft - unter anderem wegen Mordverdachts und wegen des Vorwurfs, der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) anzugehören. Die Terrormiliz reklamierte den Anschlag für sich und veröffentlichte am Sonntag ein Video, das den Täter zeigen soll. Wann das Video aufgenommen wurde und ob es sich tatsächlich um den Täter handelt, ist bislang nicht zweifelsfrei geklärt.

Wie der "Spiegel" berichtete, kam der Verdächtige Ende 2022 nach Deutschland und stellte einen Antrag auf Asyl. Den Sicherheitsbehörden war er demnach bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt. Diese Informationen wurden der Deutschen Presse-Agentur bestätigt. Der Asylantrag des Tatverdächtigen wurde demnach abgelehnt. Deshalb sollte er im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden. Über das Land war er in die Europäische Union eingereist. Da er zwischenzeitlich allerdings in Deutschland abgetaucht sei, sei die Abschiebung vorerst hinfällig gewesen, schrieb die "Welt".

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wüst fordert eine Aufarbeitung auch innerhalb der Behörden. "Da gibt es eine Menge Fragen. Es sind auch eine Menge Behörden involviert. Das muss aufgeklärt werden, und da muss Klartext gesprochen werden, wenn da etwas schiefgelaufen ist", sagte er in der "Aktuellen Stunde" im WDR Fernsehen. Im ZDF-"heute journal" sagte Wüst: "Wenn da irgendwo was schiefgelaufen ist, bei welcher Behörde auch immer, ob vor Ort in Bielefeld, in Paderborn oder bei Landes- oder Bundesbehörden, dann muss die Wahrheit da auf den Tisch."

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte in der ARD-Sendung "Caren Miosga", untergetaucht im rechtlichen Sinne sei der mutmaßliche Attentäter nicht. Denn er sei an dem Tag, an dem er abgeholt werden sollte, schlicht nicht dagewesen. "Ansonsten war er immer und häufig in dieser Einrichtung." Er stelle sich auch viele Fragen, ob diese Verfahren richtig sind, ausreichend sind, übertrieben sind, sagte Reul. 

Nach einer Übersicht des Verfassungsschutzes wäre die Tat in Solingen der folgenschwerste aus mutmaßlich islamistischen Motiven begangene Anschlag in Deutschland seit dem Angriff auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016 mit damals 13 Toten und 64 Verletzten. 

Eine Woche vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen verschärfte CDU-Chef Friedrich Merz den Ton gegenüber Kanzler Olaf Scholz (SPD) und forderte einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan in Deutschland. In seinem E-Mail-Newsletter "MerzMail" schrieb er: "Nach dem Terrorakt von Solingen dürfte nun endgültig klar sein: Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter." Im ARD-Brennpunkt sagte Merz: "Wenn Solingen jetzt für die Koalition nicht der Wendepunkt ist, dann weiß ich nicht, was noch passieren muss, damit hier einige Leute endlich mal zur Besinnung kommen."

Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) sprach sich für Grenzschließungen aus, um irreguläre Migration zu stoppen. Der "Rheinischen Post" (Montag) sagte er: "Es kommen seit Jahren jeden Tag hunderte junge Männer aus Syrien und Afghanistan nach Deutschland und Europa. Das muss endlich enden."

Kanzler Scholz hatte bereits im Juni nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen. 

Update vom 25.08.2024, 12.15 Uhr: Anschlag in Solingen - Tatverdächtiger Syrer sollte abgeschoben werden

Bei einem Stadtfest in Solingen wurden drei Menschen durch eine Messerattacke getötet. Einen Tag später wurde ein Verdächtiger von der Polizei verhaftet. Inzwischen stellte sich heraus: Der mutmaßliche Attentäter sollte eigentlich vergangenes Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden. Zuvor war sein Asylantrag abgelehnt worden. Laut dem sogenannten Dubliner Übereinkommens ist das Land, das zuerst von einem Asylbewerber betreten wird, für das Asylverfahren zuständig.

Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) wurden diese Angaben bestätigt. Demnach sei der gebürtige Syrer über Bulgarien in die Europäische Union eingereist. Da er jedoch zeitweise in Deutschland untergetaucht war, war die Abschiebung vorerst nicht möglich und der Syrer wurde nach Solingen gebracht, schrieb die "Welt".

Der Mann soll am Freitagabend in Solingen bei einer Messerattacke drei Menschen getötet haben. Die Bundesanwaltschaft hat den Fall übernommen und ermittelt wegen Mordes und des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gegen den Tatverdächtigen.

Update vom 25.08.2024, 9.30 Uhr: Gesuchter Tatverdächtiger nach Angriff in Solingen gefasst

Einen Tag nach der tödlichen Messerattacke in Solingen haben die Sicherheitsbehörden einen Fahndungserfolg vermeldet: Der gesuchte Verdächtige wurde demnach gefasst. Die Polizei  habe den mutmaßlichen Täter in Gewahrsam genommen, verkündete Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) am späten Samstagabend (24. August 2024) in den ARD-"Tagesthemen". Er sprach von einem "wirklich Verdächtigen", der den ganzen Tag über gesucht wurde. Am Morgen ließ die Polizei verlauten, der 26-Jährige habe sich den Ermittlungsbehörden gestellt und behauptet, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Derzeit wird seine Tatbeteiligung intensiv untersucht.

Mit Bezug auf eine Durchsuchung in einer Flüchtlingsunterkunft erläuterte Reul, dies sei durch neue Informationen veranlasst worden, die ausgewertet wurden. "Aber das war nicht das, was wir gewollt haben. Wir haben den ganzen Tag eine heiße Spur verfolgt." Diese sei dann erfolgreich verfolgt worden. "Der, den wir den ganzen Tag in Wirklichkeit gesucht haben, der ist seit kurzer Zeit bei uns in Gewahrsam." Es handelt sich nach Reuls Angaben um jemanden, "den wir im höchsten Maße verdächtigen".

Am Freitagabend (23. August 2024) attackierte ein Mann während eines Jubiläumsfestes zum 650. Gründungstag der Stadt Solingen - dem "Festival der Vielfalt" - offenbar wahllos umstehende Personen. Danach floh er mitten im Chaos und der anfänglichen Panik. Zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56-jährige Frau kamen ums Leben. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich, doch eine offizielle Bestätigung der Sicherheitsbehörden für ein islamistisches Tatmotiv fehlt bislang.

"Mehr als eine Vermutung": Reul verweist nach Festnahme auf Beweisstücke - IS reklamiert Anschlag für sich

"Ich selber bin im Moment ein Stück zunächst mal erleichtert", sagte Reul nach der Festnahme des Verdächtigen. "Ich kann Ihnen nur sagen, es ist jetzt mehr als eine Vermutung. Wir haben nicht nur einen Hinweis auf diese Person gehabt, sondern wir haben auch Beweisstücke gefunden." Laut "Spiegel"-Berichten handelt es sich um einen 26-jährigen Syrer. Er betrat demnach Ende Dezember 2022 deutschen Boden und stellte einen Asylantrag. Den Sicherheitsbehörden war er nach Informationen des "Spiegel" bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt. Diese Details wurden auch der Deutschen Presse-Agentur bestätigt.

Der Islamische Staat behauptete in einer Mitteilung über seinen Propaganda-Kanal Amak, der Angreifer sei IS-Mitglied gewesen und habe die Attacke aus "Rache für Muslime in Palästina und anderswo" verübt. Der Angriff habe einer "Gruppe von Christen" gegolten. Auch die Düsseldorfer Polizei erhielt nach eigenen Angaben ein angebliches Bekennerschreiben des IS. Nun müsse überprüft werden, ob dieses Schreiben authentisch sei, sagte ein Polizeisprecher. Aus Ermittlerkreisen wurde betont, dass der IS in der Vergangenheit schon öfter Taten für sich beansprucht habe, ohne dass es belastbare Hinweise auf eine Zusammenarbeit mit dem Täter gab.

Vermutlich bezieht sich der IS mit der "Rache für Muslime in Palästina" auf den Konflikt im Gazastreifen zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas. Weder der IS noch das Terrornetzwerk Al-Kaida haben Bündnisse mit der islamistischen Hamas. Die Gefahren durch Terrorismus und Radikalisierung in der islamischen Welt seien den Sicherheitsbehörden zufolge durch den langen Krieg in Gaza jedoch gestiegen. Deutschland ist neben den USA einer der wichtigsten Verbündeten Israels und zählt auch zu den bedeutendsten Waffenlieferanten.

Terroristische Motive nicht ausgeschlossen - Vorwürfe gegen festgenommenen 15-Jährigen

Zu den Hintergründen der Tat in Solingen sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers am Samstagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Wuppertal: "Eine Motivlage konnten wir bisher auch nicht erkennen, wir gehen aber nach den Gesamtumständen davon aus, dass der Anfangsverdacht einer terroristisch motivierten Tat nicht ausgeschlossen werden kann."

Falls sich die Hinweise auf eine terroristische Straftat erhärten sollten, käme eine Übernahme des Falls durch den Generalbundesanwalt in Frage. Ermittelt wird wegen des Verdachts des Mordes in drei Fällen und des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in weiteren acht Fällen, so Caspers.

Zuvor wurde ein 15-jähriger Jugendlicher festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, von geplanten Straftaten gewusst, diese aber nicht gemeldet zu haben. "Nach vorliegenden Zeugenaussagen soll eine bislang unbekannte Person kurz vor dem Angriff mit dem Jugendlichen über Absichten gesprochen haben, die zur Tatausführung passen würden", erklärte Caspers.

"Furchtbares Verbrechen": Bundeskanzler Scholz verurteilt Gewaltverbrechen

Deutschlandweit löste die Tat in Solingen große Betroffenheit aus. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einem "furchtbaren Verbrechen". "Wir dürfen so etwas in unserer Gesellschaft nicht akzeptieren und uns niemals damit abfinden. Mit der ganzen Härte des Gesetzes muss hier vorgegangen werden", sagte der SPD-Politiker bei einem Termin im brandenburgischen Stahnsdorf.

Bundesjustizminister Marco Buschmann kündigte Beratungen über schärfere Waffengesetze für Messer an. "Wir werden nun in der Bundesregierung darüber beraten, wie wir den Kampf gegen diese Art der Messer-Kriminalität weiter voranbringen", sagte der FDP-Politiker der "Bild am Sonntag". Bislang hat die FDP die Vorschläge von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) zu schärferen Verboten abgelehnt.

Die SPD fordert eine deutliche Verschärfung der Gesetze. In der Öffentlichkeit sollen Messer demnach nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Verbot geben.

Update vom 24.08.2024, 16.30 Uhr: Tödliche Messerattacke in Solingen - Ermittler äußern sich zu möglichem Motiv

Nach der tödlichen Messerattacke in Solingen schließt die Staatsanwaltschaft einen terroristischen Hintergrund nicht aus. Noch sei der Täter nicht ermittelt, erklärte der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers bei einer Pressekonferenz in Wuppertal. "Eine Motivlage konnten wir bisher auch nicht erkennen, wir gehen aber nach den Gesamtumständen davon aus, dass der Anfangsverdacht einer terroristisch motivierten Tat nicht ausgeschlossen werden kann."

Ein anderer Beweggrund sei derzeit nicht ersichtlich. Sollten sich die Hinweise auf eine terroristische Straftat erübrigen, komme eine Übernahme des Falls durch den Generalbundesanwalt in Betracht. Die Polizei geht bisher von einem Einzeltäter aus. Bereits festgenommen wurde ein 15 Jahre alter Jugendlicher, den die Polizei allerdings nicht für den Täter hält. Nach Zeugenaussagen solle eine bisher nicht bekannte Person kurz vor der Tat mit dem Jugendlichen über "Absichten gesprochen haben, die zur Tatausführung passen würden," sagte Caspers. Ob diese Person der Täter sei, wisse man nicht.

Derzeit laufen Polizeiaktionen in ganz Nordrhein-Westfalen und im gesamten Bundesgebiet, wie Polizeiführer Thorsten Fleiß sagte. Er sprach von umfangreichen Ermittlungsmaßnahmen. Bei dem Angriff während eines Stadtteilfests wurden am Freitagabend (23. August 2024) drei Menschen getötet, zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine Frau im Alter von 56 Jahren. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Der Täter wählte die Opfer anscheinend willkürlich aus. Anschließend entkam er im Tumult und in der anfänglichen Panik nach der Tat. Die Polizei rief die Bevölkerung in Solingen am Samstag weiterhin zur Vorsicht auf.

Erstmeldung vom 24.08.2024, 9.45 Uhr: Mann sticht bei Stadtfest auf Menschen ein - mindestens drei Tote

Ein Messerangreifer hat auf einer Feier zum Stadtjubiläum in Solingen drei Menschen getötet. Nach bisherigen Erkenntnissen gibt es zudem acht Verletzte, darunter fünf Schwerverletzte. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen stufte die Tat vom Freitagabend (23. August 2024) wegen des gezielten Vorgehens des Täters als Anschlag ein. Der Täter war am frühen Samstagmorgen (24. August 2024) weiterhin auf der Flucht. "Wir haben derzeit keinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort", sagte ein Polizeisprecher. Zum Aussehen des Flüchtigen gebe es keine gesicherten Informationen.

"Ich glaube, das ist unser Riesenproblem. Wir haben noch nicht so viele Angaben zum Täter", erklärte Alexander Kresta, Sprecher der Polizei Wuppertal. Zeugen, die in unmittelbarer Nähe zum Geschehen waren, stünden unter Schock. "Die werden von uns im Augenblick professionell betreut und wir vernehmen diese natürlich, um da jetzt genauere Angaben zu bekommen." Allerdings könnten die Ermittler derzeit davon ausgehen, dass es sich um einen einzelnen Täter handelt, sagte Kresta weiter. Alle Zeugenaussagen, die die Polizei bislang aufnehmen konnte, wiesen darauf hin. "Von weiteren Personen ist uns nichts bekannt."

Anschlag in Solingen fordert Tote und Verletzte: Täter entkam nach Messerangriff im Tumult

Dem Täter sei es gelungen, im Tumult und in der anfangs ausbrechenden Panik nach der Tat zu entkommen, sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums. Laut Polizei scheint der Täter wahllos auf Passanten losgegangen zu sein und hat seine Opfer also zufällig ausgewählt. Dem Innenministerium zufolge habe er aber sehr gezielt auf ihre Hälse eingestochen. Über den Zustand der Verletzten wurde bis zum Morgen nichts Neues bekannt. Die späteren Opfer waren Besucher des Festes zum 650. Jahrestag der Stadtgründung Solingens. Der Tatort war der zu diesem Zeitpunkt gut besuchte Fronhof - ein Marktplatz in der Innenstadt, auf dem für das Jubiläumsfest eine Bühne aufgebaut war. Die Tat trug sich einem Reporter der Deutschen Presse-Agentur zufolge unmittelbar vor der Bühne zu.

Die Suche nach dem Täter lief am Samstagmorgen weiter. Ein Polizeisprecher riet: Wer Verdächtiges beobachte, solle nicht eigenmächtig handeln, sondern den Notruf 110 wählen. Die Polizei in Wuppertal rief via Facebook dazu auf, die Solinger Innenstadt zu meiden. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) traf noch in der Nacht am Tatort ein und zeigte sich sichtlich betroffen. "Aus dem Nichts sticht jemand wahllos auf Menschen ein", sagte Reul. "Wir in Nordrhein-Westfalen, wir sind tief erschüttert und in Trauer vereint." Bei den Toten handele es sich um eine Frau und zwei Männer. Die Stadt hat das ursprünglich für drei Tage geplante Straßenfest komplett beendet. Auch die für diesen Samstag und Sonntag geplanten Programmpunkte wurden abgesagt.

Laut Polizei schlug der Angreifer gegen 21.37 Uhr zu. Kurz darauf wurde Großalarm ausgelöst. Mindestens ein Hubschrauber war in der Luft, zahlreiche Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Rettungswagen waren unterwegs, Straßen weiträumig abgesperrt. Bewaffnete Beamte sicherten den Einsatzort. Laut "Solinger Tageblatt" folgten tausende Besucher der Aufforderung, den Platz ruhig zu verlassen und nicht in Panik zu verfallen. "Die Menschen sind geschockt, aber friedlich vom Platz (gegangen)", wurde Philipp Müller zitiert, einer der Mitorganisatoren des Festes. Später herrschte dann gespenstische Stimmung in der fast menschenleeren Innenstadt.

"Schock, Entsetzen und großer Trauer": Solinger Oberbürgermeister spricht von Attentat

Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach reagierte erschüttert. "Heute Abend sind wir alle in Solingen in Schock, Entsetzen und großer Trauer", schrieb der SPD-Politiker auf der Facebook-Seite der Stadt. "Es zerreißt mir das Herz, dass es zu einem Attentat auf unsere Stadt kam. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich an diejenigen denke, die wir verloren haben. Ich bete für alle, die noch um ihr Leben kämpfen."

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst bezeichnete den Anschlag als "Akt brutalster und sinnloser Gewalt". Die Tat habe "unser Land ins Herz getroffen", schrieb er auf der Plattform X. NRW sei in Erschütterung und Trauer vereint. "In diesen dunklen Stunden sind die Menschen unseres Landes und darüber hinaus mit ihren Herzen und Gedanken in Solingen", schrieb der CDU-Politiker weiter. Und: "Ein großer Dank gilt den vielen Rettungskräften und unserer Polizei, die in diesen Minuten um Menschenleben kämpfen."

Die Polizei schaltete ein Hinweisportal frei, über das Zeugen des Geschehens Handyfotos und Videos hochladen können (www.nrw.hinweisportal.de). Die Stadt Solingen wiederum richtete für Bürger eine Hotline für Fragen nach Vermissten ein (0212 - 290-2000). Bei der Polizei hätten sich Anfragen besorgter Angehöriger gehäuft, hieß es. Das "Festival der Vielfalt" in Solingen hatte am Freitag begonnen. Es sollte bis Sonntag dauern. In der Ankündigung hieß es: "Solingen Mitte wird dabei zur großen Festmeile: Vom Neumarkt über den Fronhof bis zum Mühlenplatz wird gefeiert." In den Straßen erwarte die Besucher ein Programm mit Musik, Kabarett, Akrobatik, Kunsthandwerk, Unterhaltung für Kinder und vielem mehr.

Zunahme von Messerangriffen - Faeser kündigte zuletzt Waffenrecht-Verschärfung an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte angesichts der Zunahme von Messerangriffen erst kürzlich eine Verschärfung des Waffenrechts angekündigt. In der Öffentlichkeit sollen Messer demnach nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Umgangsverbot geben.

Mitte Juni war ein 27-jähriger Afghane in Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt von Beamten erschossen worden, nachdem er zunächst einen 23-Jährigen erstochen und dann auf einer privaten EM-Gartenparty mehrere Menschen verletzt haben soll. In Mannheim hatte am 31. Mai ein Afghane fünf Mitglieder der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Beamten mit einem Messer verletzt. Der Polizist starb später.

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