Schuldenbremse reformieren, bei den Ausgaben sparen oder die Steuern erhöhen? Nach dem einschneidenden Urteil aus Karlsruhe sucht die Ampel-Koalition nach Wegen aus der Haushaltskrise.
Die Ampel-Regierung streitet um Schlussfolgerungen aus dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Grünen-Politiker sprachen sich für Änderungen der Schuldenbremse aus. SPD-Parteichefin Saskia Esken hatte gar dafür plädiert, die Schuldenbremse 2023 und 2024 nicht anzuwenden.
Die FDP hingegen will die Schuldenbremse nicht antasten und stattdessen Sozialleistungen auf den Prüfstand stellen - sie wandten sich zudem abermals gegen Steuererhöhungen. SPD-Chef Lars Klingbeil warnte vor einem Modernisierungsstopp in Deutschland.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte in seinem Urteil vom Mittwoch untersagt, Corona-Kredite nachträglich für Klimaschutz und die Modernisierung der Industrie umzuwidmen. Es fehlen daher 60 Milliarden Euro im sogenannten Klima- und Transformationsfonds, einem wirtschaftlich vom Kernhaushalt getrennten Sondervermögen. Die große Frage ist, wie die Ampel-Koalition dieses Finanzloch stopfen wird.
SPD und Grüne gegen drastische Einsparungen
Klingbeil sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darf nicht dazu führen, dass wir aufhören, unser Land zu modernisieren. Es geht uns um Arbeitsplätze und darum, dass wir ein starker Wirtschaftsstandort bleiben.» Es brauche Investitionen und Planungssicherheit, um das Land auf Vordermann zu bringen. «Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren zu sehr auf dem Status quo ausgeruht. Das spüren wir gerade jeden Tag, wenn Züge nicht fahren oder Brücken nicht tragen», sagte der SPD-Parteichef.
Auch Grünen-Parteichefin Ricarda Lang machte am Sonntagabend in der ZDF-Sendung «Berlin direkt» deutlich, dass sie wenig von einem strikten Sparkurs hält. Die Logik, nun müsse der Gürtel enger geschnallt werden, werde am Ende nicht funktionieren. «Denn so würden wir uns in eine wirtschaftliche und damit auch in eine soziale Krise in diesem Land hineinsparen.» Gerade am Sozialen zu sparen, sei keine gute Idee, denn die Regierung müsse auch den sozialen Zusammenhalt erhalten. «Wir wissen, dass gerade insbesondere rechte Parteien soziale Sorgen, Ängste der Menschen immer wieder mobilisieren.»
Gefragt nach den Prioritäten der Grünen, wo gespart werden könne, sagte Lang: «Wir können gerne über klimaschädliche Subventionen sprechen.» Das Umweltbundesamt (UBA) hatte darauf hingewiesen, dass sich im Jahr 2018 die umweltschädlichen Subventionen auf mindestens 65 Milliarden Euro beliefen - neuere Daten liegen nicht vor.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck befürchtet auch Auswirkungen auf die Energiepreisbremsen. Das Urteil beziehe sich zwar nur auf den Klima- und Transformationsfonds, sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk. Allerdings: «In der Begründung bezieht sich das Urteil, weil es so fundamental gesprochen ist, in der Tat im Grunde auf alle Fonds, die aufgesetzt wurden und die überjährig sind.»