Auf anderer Seite soll aber alles bleiben wie bisher. Finanzminister Christian Lindner hat angekündigt, dass es trotz des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts keine Reduzierung sozialer Standards geben wird. "Viele Ressorts leisten eigene Beiträge, beispielsweise das Verkehrsministerium, auch das Umweltministerium, auch das Arbeitsministerium. Wichtig ist aber, es wird keine Reduzierung von sozialen Standards geben", sagte Lindner bei der Pressekonferenz. Dennoch erreiche man durch mehr Treffsicherheit bei Sozialleistungen eine Einsparung von 1,5 Milliarden Euro. Als ein Beispiel nannte er den Arbeitsmarkt. So sollten Geflüchtete aus der Ukraine besser vermittelt werden.
"Soziale Standards" sollen bleiben - so geht es mit der Ukraine-Hilfe weiter
Zuletzt haben die Spitzen der Ampel-Koalition der von Russland angegriffenen Ukraine nach ihrer Haushaltseinigung weitere und umfassende Hilfen zugesichert. Diese Unterstützung werde aus dem Regelhaushalt gestemmt, "so wie wir es geplant haben und vor allem so lange wie nötig", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). "Dazu zählen acht Milliarden Euro für Waffenlieferung, Finanzhilfen für den ukrainischen Haushalt - direkt oder über die Europäische Union - und voraussichtlich über 6 Milliarden Euro zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge hier in Deutschland", sagte der Kanzler. "Sollte sich die Situation durch Russlands Krieg gegen die Ukraine verschärfen, etwa weil die Lage an der Front sich verschlechtert, weil andere Unterstützer ihre Ukraine-Hilfe zurückfahren oder weil die Bedrohung für Deutschland und Europa weiter zunimmt, werden wir darauf reagieren müssen." Um auf eine solche mögliche Lage vorbereitet zu sein, sei vereinbart worden, dem Bundestag einen sogenannten Überschreitensbeschluss vorzuschlagen, sagte Scholz weiter. Er verwies auf Artikel 115 des Grundgesetzes, der das in Notsituationen zulasse.
Opposition und Verbände üben laut Kritik - muss Scholz die Vertrauensfrage stellen?
CSU-Generalsekretär Martin Huber hat den Haushaltskompromiss der Ampel-Koalition scharf kritisiert. "Das Ganze ist eine einzige Augenwischerei. Es ist kein großer Wurf, es ist Klein-Klein", sagte Huber am Mittwoch in München. Es fehle an einem großen Entwurf. "Es ist ein Flickenteppich, und es ist vor allem auch mal wieder Ausdruck gebrochener Versprechen der FDP." Das, was als Abbau von Subventionen bezeichnet wurde, sei schlicht und ergreifend nichts anderes als eine weitere Steuererhöhung, die die FDP mittrage. Es gehe etwa um eine massive Steuererhöhung für die Landwirte. "Und nach der Erhöhung der Erbschaftssteuer, nach der Erhöhung der Gastrosteuer ist das die dritte Steuererhöhung, die seitens der FDP jetzt eben mitgetragen wird", argumentierte Huber.
"Stattdessen bräuchte es viel mehr auch grundlegende Reformen", sagte er, etwa beim Bürgergeld. Und das Heizungsgesetz müsse komplett gestrichen werden. "Das hätte eine viel größere Auswirkung auf die Konsolidierung des Bundeshaushalts als das Klein-Klein, das die Ampel heute vorgestellt hat." Die vorgestellten Beschlüsse zeigten vor allem, dass der ländliche Raum und die Verbraucher "für dieses Ampel-Chaos zahlen müssen". Es gebe zudem viele Worthülsen, aber wenig Konkretes. Die Ampel lasse die Menschen wieder ratlos zurück.
Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) hat Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert, zu Beginn des kommenden Jahres im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. "Wie lange wollen Sie sich eigentlich noch von großen Teilen Ihrer Koalition, insbesondere von den Grünen auf der Nase herumtanzen lassen", sagte der CDU-Vorsitzende am Mittwoch im Bundestag an die Adresse des Kanzlers nach dessen Regierungserklärung. "Sie gefährden doch den letzten Rest Ihres Ansehens, Ihrer Autorität im Inland wie im Ausland." Scholz werde "vorgeführt in der Koalition".
Auch in den eigenen Reihen ist man unzufrieden - Grüne Jugend enttäuscht
Beim soeben gefundenen Kompromiss der Ampel-Spitzen für den Bundeshaushalt 2024 warf der Oppositionsführer dem Kanzler "Tricksereien" vor. Was Scholz zuvor zur Lage in der Ukraine gesagt habe, sei schon die Ankündigung, dass die Ampel in den kommenden Monaten erneut eine Notsituation verkünden und so die Schuldenbremse aussetzen wolle. Dies sei aber nach dem Grundgesetz nur bei einer unvorhersehbaren Notlage zulässig. "Diesen Trick lassen wir Ihnen nicht durchgehen", kündigte Merz an.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und CDU-Spitzenpolitiker Hendrik Wüst sieht nach der Haushaltseinigung der Bundesregierung noch offene Fragen. Es sei aber gut, dass die Ampel-Koalition sich in der Nacht geeinigt habe, sagte Wüst am Mittwoch im Landtag in Düsseldorf. "Besser spät als nie", so der CDU-Politiker. "Die Ampelkrise darf keine Deutschland-Krise werden." Auch wenn die genauen Folgen der Einigung auch für NRW noch ausgewertet werden müssten und es weiter Fragen gebe, gelte mehr denn je: "Es geht um unser Land, es geht um Vertrauen und es geht um Verlässlichkeit", so Wüst. Alle Demokraten hätten nun eine staatspolitische Verantwortung.
Aber auch die Grüne Jugend hat die Einigung der Koalitionsspitzen zum Haushalt kritisiert. Bundessprecherin Svenja Appuhn sagte am Mittwoch: "Das Ergebnis der Haushaltsverhandlungen ist eine Katastrophe. Statt die Schuldenbremse auszusetzen, um dringend notwendige Investitionen zu tätigen, setzt die Regierung mit diesem Vorschlag den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Klimaschutz aufs Spiel. Aus einem ohnehin schon demokratiegefährdenden Kürzungshaushalt wird ein Ultra-Kürzungshaushalt." Dass am Klimaschutz und an den Ärmsten der Gesellschaft gespart werden solle, sei ein Armutszeugnis für diese Regierung. Es sei vollkommen unverständlich, dass Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld stärker sanktioniert werden sollten und der Bürgergeld-Bonus entfallen solle. Es müsse Nachverhandlungen im Bundestag geben.