Wahlrechtsreform: Söder bangt um CSU-Existenz - Noch diese Woche wird es ernst
Autor: Agentur dpa, Redaktion
München, Mittwoch, 15. März 2023
Vielleicht hat die Union noch gehofft, die Ampel würde die nötige Mehrheit für ihre Wahlrechtsreform nicht zustande bringen. Nach Abstimmungen in den Fraktionen von SPD, Grünen und FDP ist das unwahrscheinlich. Die Union kündigt schon den nächsten Schritt an.
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Die Ampel-Koalition wird die von Union und Linkspartei strikt abgelehnte Wahlrechtsreform voraussichtlich mit ihrer eigenen Mehrheit am Freitag (17. März 2023) im Bundestag beschließen. Bei Abstimmungen in den Fraktionen stimmten am Dienstagnachmittag die Abgeordneten von Grünen und FDP jeweils einstimmig und die der SPD mit überwältigender Mehrheit zu. Union und Linke kündigten Verfassungsklagen gegen die Reform an. Denn die CSU könnte im Ernstfall aus dem Bundestag verschwinden.
Update vom 15.03.2023: Wahlrechtsreform stürzt Söders CSU in Existenzängste
Durch die Reform wird der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag bei der nächsten Wahl wieder auf 630 Mandate verkleinert. Zentral ist, dass es künftig keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr geben wird. Gestrichen wird auch die sogenannte Grundmandatsklausel. Sie bewirkt, dass eine Partei auch dann nach ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einzieht, wenn sie zwar die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt, aber mindestens drei Direktmandate gewonnen hat.
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Bayerns Ministerpräsident und CSU-Parteichef Markus Söder sieht mit dem Entwurf sogar die Existenz seiner Partei infrage gestellt. Der Entwurf sei "ein dicker Hund", sagte Söder am Dienstag in München. Er kündigte an, im Zweifel dagegen klagen zu wollen. Hintergrund ist die Sonderstellung der CSU im Parteiensystem. Als Regionalpartei, die nur in Bayern antritt, bildet sie im Bundestag eine gemeinsame Fraktion mit ihrer Schwesterpartei CDU. Im Wahlgesetz wird die CSU aber als eigenständige Partei behandelt.
Würde sie etwa nicht über die Fünf-Prozent-Hürde kommen, könnten künftig auch die von ihren Bewerbern errungenen Siege in den einzelnen Wahlkreisen hinfällig werden, weil künftig der Gewinn eines Wahlkreises nicht mehr automatisch zum Einzug ins Parlament berechtigt. Die CSU hatte bei der Bundestagswahl 2021 alle 46 bayerischen Wahlkreise gewonnen, bis auf einen. 2017 konnte die CSU sogar alle Wahlkreise für sich entscheiden.
Warum die Fünf-Prozent-Hürde zum Problem werden könnte
Damit könnte bei einer Wahlrechtsreform eine Situation entstehen, in der die CSU zwar in 40 oder mehr Wahlkreisen in Bayern das stärkste Erststimmen-Ergebnis erzielt, aber dennoch keinen einzigen Bundestagsabgeordneten mehr stellt. Dann nämlich, wenn sie im bundesweiten Maßstab unter die Fünf-Prozent-Hürde rutschen würde. Bei der Bundestagswahl 2021 lag die Partei mit 5,2 Prozent nur noch knapp über dieser Hürde.
Der Entwurf zum neuen Wahlgesetz sieht vor, dass die sogenannte Grundmandatsklausel wegfallen soll. Diese hat bisher Parteien erlaubt, in Fraktionsstärke in den Bundestag zu ziehen, wenn sie mindestens drei Direktmandate erzielt hat. Künftig sollen die Mandate jedoch nur noch gemäß dem Zweitstimmenergebnis verteilt werden - wer hier keine fünf Prozent erreicht, könnte komplett durchfallen.