Eine bayernweite Kampagne macht mit Vorträgen und einem Infobus gegen Schlaganfall mobil. Ziel ist es, die Bevölkerung über die Symptome und Warnhinweise aufzuklären.
Ein Gespräch für dich, sagte seine Frau und hielt ihm das Telefon entgegen. Hans Kern* fuhr senkrecht aus dem Mittagsschlaf hoch, wollte den Hörer nehmen - und konnte nicht mehr sprechen. Alle Wörter weg, kein Ton aus seinem Mund. Hans Kern hatte einen Schlaganfall.
Im Durchschnitt trifft er täglich 110 Menschen in Bayern, pro Jahr rund 270 000 in Deutschland. Die Häufigkeit der Erkrankung nimmt mit steigendem Alter zu: Mehr als 80 Prozent aller Schlaganfälle treten jenseits des 60. Lebensjahres auf. Auslöser können schlecht behandelter Bluthochdruck, Diabetes, erhöhte Blutfette, Übergewicht oder Nikotinkonsum sein. Ein Drittel endet tödlich, in den westlichen Industrienationen ist die Erkrankung die häufigste Ursache für eine bleibende Behinderung im Erwachsenenalter.
"Es war wie ein böser Traum" Unter anderem kann es zu einer Aphasie - "Verlust der Sprache" - kommen. Manche Betroffene lernen das Sprechen mühsam wieder, andere kommen über sinnlose Silben nicht mehr hinaus. Hans Kern hatte Glück: Sein Schlaganfall war nur ein kurzer Spuk. Er erinnert sich: "Es war einfach kein Sprachfundus mehr da. Ich war erschrocken und dachte, was ist denn das, wie kann mir das passieren?" Gleichzeitig, erzählt er, hat er sich innerlich dagegen gesträubt, versuchte er, Vokabeln zu finden, sich an die Namen seiner Freunde zu erinnern. Und dann, nach etwa 15 Minuten, löste sich die Blockade auf. Kern denkt zurück: "Das war alles wie ein böser Traum."
Was danach passierte, klingt eigenartig. Weil Kern das tat, was er seit Jahrzehnten tut: Er ging Schwimmen.
1000 Meter Kraul nonstop, zweimal pro Woche, "das ist mein Gesundheitselixier", sagt der 77-Jährige. Danach gönnte er sich einen Schoppen Wein. Mit der Entspannung war's vorbei, als ihn seine Tochter im Schwimmbad antraf und von der nachmittäglichen Sprachstörung hörte. "Sie zwang mich ins Klinikum", sagt Kern, war aber nicht böse darüber.
Manchmal ist es eine "TIA" "In der Schlaganfall-Spezialstation/Stroke Unit des Bamberger Klinikums wurde er gründlich untersucht. Die Ärzte fanden: nichts. Kein Blutgerinnsel im Gehirn oder in den Halsgefäßen, keine Hirnblutung. Dennoch war es ein leichter Schlaganfall, eine sogenannte transitorisch-ischämische Attacke (TIA), sagt Prof.
Peter Rieckmann, Chefarzt der Neurologie am Bamberger Klinikum.
Sportler erholen sich schneller Dass Kern sich so rasch von den Symptomen erholt hat, führt Rieckmann unter anderem auf die regelmäßigen Schwimmeinheiten seines Patienten zurück. "Es ist wissenschaftlich belegt, dass sich Sportler ein Reservepotenzial erarbeiten, das zu einem besseren klinischen Ergebnis nach Hirnschädigungen führt als bei der nicht-sportlichen Bevölkerung", sagt der Neurologe.
Wohl wissend: Es ist oft schwer, sich aufzuraffen. "Aber mal ehrlich: Was ist schon ein bisschen Training gegen eine schwere Lähmung, die uns vielleicht lebenslang ans Bett oder den Rollstuhl fesselt?" Deshalb empfiehlt Rieckmann dreimal 30 Minuten Schwimmen, Radfahren oder Laufen pro Woche.
Bei einem Schlaganfall verliert der Betroffene etwa 1,2 Milliarden Nervenzellen und mehr als 7000 Kilometer
Nervenfasern - das entspricht der Entfernung zwischen Berlin und Peking. Deshalb ist es elementar, den Schlaganfall so schnell wie möglich in einer "Stroke Unit" zu behandeln. Kommen die Patienten sofort oder spätestens innerhalb von drei bis 4,5 Stunden dorthin, können schwere Behinderungen durch eine angemessene Therapie und eine anschließende Frührehabilitation verhindert werden.
Jedoch erreicht nur ein Viertel der Patienten rechtzeitig eine Klinik, weil die Symptome oft nicht erkannt werden. Hier setzt die Kampagne "Bayern gegen den Schlaganfall" unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Horst Seehofer und Gesundheitsministerin Melanie Huml an: Mit Vorträgen und einem Info-Bus klärt sie über Warnzeichen und Risikofaktoren sowie das richtige Verhalten im Ernstfall auf.
Auch in Franken gibt es viele Termine im Rahmen der Kampagne.
Dauerschwimmen mit Ministerin Der Bamberger Neurologe Peter Rieckmann hat ebenfalls eine Idee zur Kampagne beigesteuert: Am Samstag, 12. Juli, heißt es "5 vor 12 - Bamberg schwimmt gegen den Schlaganfall". Mit einem Dauerschwimmen von 11.55 bis 23.55 Uhr im Bamberger Schwimmverein sollen Interessenten die Gelegenheit zum Schwimmen haben und erfahren, dass gerade diese Sportart einem Schlaganfall vorbeugen kann.
Parallel zum Dauerschwimmen findet ein Aktionstag mit Vorträgen über Schlaganfall und weiteren Sportangeboten statt. Der Eintritt in das Vereinsgelände ist am 12.
Juli frei, Anmeldungen und weitere Infos gibt es auf der Internetseite des Aktionstags. Prominente Bamberger wie Gesundheitsministerin Melanie Huml , Oberbürgermeister Andreas Starke und Brose-Baskets-Manager Wolfgang Heyder haben ihre Teilnahme am Dauerschwimmen bereits zugesagt.
*Name von der Redaktion geändert.